Sonntag, 17. Juni 2007

Gegen Sprachskepsis

Herodots Erzählsel über König Krösus, dem das Orakel ausrichten läßt, er werde ein großes Reich zerstören, wenn er den Fluß Halys in zerstörerischer Absicht überqueren sollte, kann auch als Allegorie auf DIE Grundlage der Poesie gelesen werden.
Es ist diese Orakelauskunft nämlich die pure Wahrheit, deren vereindeutigende Verwirklichung nur um den Preis der Vernichtung der immanenten Mehrdeutigkeit symbolischer Rede zu haben ist. Ihre kulturell hochgeschätzte Inszenierung ist ein Hans-Dampf-in-allen-Gassen, weswegen dieser Kuppler Anschlußmöglichkeiten ohne Zahl vermittelt.
Das liegt aber nicht an der Sprache, sondern an einer ihrer zahlreichen Verwendungsmöglichkeiten auf ihren verschiedenen Kanälen. Sage keiner, die geschlechtsreifen Tiere der Menschengattung unterhielten sich nicht in diesen überlaut beschallten Kontakthöfen. Die fliegen sogar quer über den Globus, um einen Hot-Spot abzuhaken, an denen sie sich prächtig, allerdings unterhalb des Digitalisierungslevels unterhalten.

Zurück zum Grundsachverhalt der Un-Eindeutigkeit symbolischer Rede. Daraus machen Geisteswissenschaftler gerne einen aus meiner Sicht unerlaubten Transfer aufs Gerede der Leute überhaupt, gegen das man einen Generalvorbehalt anmelden müsse, ansonsten es an der nötigen Differnziertheit ermangele usw.
Eine gewisse Schamlosigkeit dieses Verfahrens zeigt sich schon darin, daß Geisteswissenschaftler sonst die ersten sind, die sich gegen Universalisierungen, Pauschalisierung, und nichtssagende Abstrakta ... verwahren.
Dieser erste Totschläger allen Denkens solle hier nicht gelten: Sprache sei als erstes Universale.....Dieser Totschläger taucht allerdings immer nur und genau dann auf, wenn die Dinge anfangen, sich im Raum zu stoßen, anstatt einträchtig durchsortiert zu werden vom Herrn Aufklärer, der alle Bedingungen gelingenden Lebens mitten im Kapitalismus in seiner Globalisierungsphase herumstehen sieht , und nur den verfehlten Umgang damit zu bekritteln geruht. Als ob die von ihm Beschmitzten nicht allesamt Wirkungen des Kapitals seien, also des allgemein verbreiteten und durchgehaltenen Willens zur Schöpfung eines abstrakten Wertes zweifelhafter Tauglichkeit für die Leute, behandelt der gemütliche Aufklärer alles von ihm Bekrittelte, als ob es nur am nicht von ihm durchsortierten Datenmaterial liege, daß die Dinge ihren unguten Gang gingen.

Sobald aber eine "Positionierung" formuliert wird, die nicht schon den reformistischen Eifer im Antlitz trägt und qua Rhetorik die Behebbarkeit allen Ungemachs (mit den herkömmlichen Mitteln des Sich-Herumprügelns nach allen Seiten) vorträgt, meldet Seine Unsäglichkeit die grundsätzliche Irrtumsmöglichkeit alles Menschlichen an, und die skeptisch zu beäugende Sprache als Transportmittel aller möglichen Irrtümer wird plötzlich gesichtet, als ob der Mann nicht seit geraumer Zeit genau das Gegenteil davon für sich in Anspruch genommen hätte...Und das Saublöde daran: Seine Unsäglichkeit haben sehr wohl kapiert, was hier qua Sprache zur Verhandlung qua Sprache angetragen wurde.

Übrigens macht beispielsweise die Jurisprudenz einen ganz vernünftigen Gebrauch von der angemeldeten Skepsis. Im Kommentarwerk der Gesetze steht bis in die letzte Zuflucht möglicher Zweifel hinein hochdifferenziert durchartikuliert nachzulesen, warum du ganz zu Recht eins auf den Arsch kriegst. Womit ja wohl alle Skepsis gegenüber der Sprache sich erübrigt. Sie taugt sogar für die zweifelsfreie Geschäftsführung der Gewalt gegen Jedermann.

Von all dem hier Vorgetragenen will Seine Plattheit, der glückselig in den Gegebenheiten erfolgreich sich suhlende Alltagsverstand nichts wissen. Im Aburteilen ist er groß, vom Urteilen hat er eine schlechte Meinung, sobald es um wirklich etwas Wirkliches geht, und alle Welt gibt ihm recht.
Drum lebe ich lieber nach dem Grundsatz: Wenn dir deine den Menschen angetragene Form der Liebe die kalte Schulter zeigt, dann pack sie doch einfach am Arsch...

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