Reisen -Santander - Picos de Europa

Freitag, 16. Mai 2008

Santander-Picos de Europa

Hier nachträglich was Näheres über den Flug nach Santander, Bilbao und die Picos de Europa (27. April - 4. Mai 2007), mein privates "Alles -ist -gut-Programm", also ein sehr angenehmes Verblödungsprogramm.

Den ersten Tag gab´s nicht bloß den Flug, sondern auch gleich noch einen wildromantischen Spaziergang an der Steilküste von Santander, halt am tobenden Element.
Den zweiten Tag habe ich uns (die Renate und mich) nach Bilbao gekarrt, weil da das Guggenheimmuseum steht und unbedingt von mir besichtigt werden mußte. Die Renate macht einfach alles mit, auch wenn das ganz und gar nicht ihre Welt ist. Meistens geht es ihr dabei aber gar nicht mal so schlecht, halt wundersam oder -lich? , aber immer irgendwie ganz anders als sonst. Und das ist auch schon was.
Mir persönlich ging der per Ausstellung gefeierte deutsche bildende Künstler namens Anselm Kiefer sowas von am Arsch vorbei...Halt das stimmt nicht: dieses prätentiöse - Entschuldigung! - Arschloch ist eines meiner Lieblingshaßobjekte, weil er ein Dieter Bohlen der Kunstszene ist, ein Kunst-Condottiere, der den Markt und seine Mechanismen für seine Unfähigkeit erfolgreich in Beschlag nimmt. Kommt sich aber keineswegs als Scharlatan vor, wenn er den Bäumen ganz im Ernst ein Weltwissen andichtet, sich die Gräslein und Zweiglein in geheimnisvoller Bziehung zum Sternenhimmel esoterisiert, oder sich eines Celangedichts versichert, um mit ihm eine griese Winterlandschaft gewaltigsten Ausmaßes zu assoziieren. Sowas schmarotzt an der Bedeutsamkeit werkjenseitigen mythologischen Materials. Da sieht man dann die Dürftigkeit des Gebotenen mit ganz anderen Augen: elf Betten aus Blei machen sich gleich ganz anders, wenn die eine Wand des Raumes eine handschriftlich vom Künschtler hingekrakelte Titelei aufweist: "die Frauen der Revolution".

Das Gebäude selbst aber ist als begehbare Plastik eine architektonische Wucht. Sowas belebt mich, kratzt mich auf wie eine Flasche Champagner. Wollte, du könntest einfach auch mal solche unprogrammatischen Sachen vom Kaliber dieser ganz unverantwortlichen Unverantwortlichkeiten machen. Mir verhelfen solche Spinnereien jedenfalls zu ganz unvermuteten Erlebnissen. Bei der von mir allgemein in Rechnung gestellten Trivialität und aggressiven Blödheit des zu erleidenden Zeitgenossen, ist eine Art Architekten-Genie schon ein unvermuteter und auferbaulicher Anblick.

Der Kalkriegel der Picos ist ein Naturerlebnis der eigenen Art. Das sind nicht bloß Kalkalpen, sondern welche mit Osterglockenteppich-Wiesen und Winterheide-Abhängen in Pink. (´Tschuldige den lyrischen Anfall.) Überhaupt ist die kleinräumige Abfolge von Lieblichem und Wildem in diesem Landschaftstyp - na was schon?- ein Augenöffner, Hingucker, aus der eigen versumpften Seele Aussteigenmacher. Wollte, du könntest ...Hab´ gut reden, ich mit meiner Fluchtphilosophie!
Sag´ ja bloß, was ein spanischer Dichter namens Quevedo mit seiner Kürzestfabel auch meinte, nämlich:
Die Mücke sagte zum Frosch:" Lieber im Wein sterben, als im Wasser leben zu müssen."
Sehr Substanzielles ist das ja nun auch wieder nicht. Aber unglücklich macht es mich auch nicht gerade.

Am 28. Mai mache ich mich dann per Hupf vom Hunsrückacker bei Hahn davon, nach der Algarve hin und nach Lissabon (€ 56.- mit Ryanair). Grund, ohne alle erkennbare Tiefe: da war ich noch nicht. Vermutetes: eine erregende Stadt, die ihr Stadtbild seit ihrer Hochzeit im 16./17 Jahrhundert über den seitherigen Niedergang hinweg beibehalten hat. Bediene damit einen insgeheimen Konservatismus in mir, der sich depperterweise von seinerzeitigen Lebensformen und symbolischen Kosmen angezogen fühlt, als ob die damals nicht auf den Knochen der Beherrschten erbaut worden, sondern ein einziges eingelöstes Sinnprogramm gewesen wären. (Weniger lyrisch: die materielle Wucht dieses ehemals reichsten Staats Europas kam aus dem anfangs monopolisierten asiatischen Gewürz- und dem afrikanischen, leichenträchtigen Sklavenhandel.)
Seinen Glanz erhält dieser von mir gehegte Schmarrn lediglich davon, daß den der neueste Schub des Imperialismus noch nicht ruiniert hat. Na ja, es war mögliches Leben, und nicht der Tod, und nicht die geplante und voll durchorganisierte Vernichtung, die damit ihre Ordnung hat.

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Wandermönche
Der Weise Mein Haus ist schmutzig, meine Kinder, zahlreich,...
gitano - 22. Nov, 16:39
...
:-D
Greedy - 2. Feb, 16:08
Job-Center
bietet moralisch einwandfreien Lebensersatz, wenn es...
gitano - 4. Jan, 07:51
Polarisierung
Die hässliche Angewohnheit der Realität, nicht deiner...
gitano - 4. Jan, 07:15
Psychagogen
Tragend die Herzen der Menschen mit strebender Hoffnung...
gitano - 25. Dez, 15:15

Links

Suche

 

Status

Online seit 6193 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 22. Nov, 16:39

Credits


100 schwarze Meisterwerke
Definitionen und Aphorismen zur Lebens-Unweisheit
Fundstücke
Journalistisches
Literatur
Mythisches Bewußtsein
Persönliches
Reisen
Reisen - Indien
Reisen -Amerika, Südwest-
Reisen -Indien 1
Reisen -Indien 2
Reisen -Indien 3
Reisen -Indien 4
Reisen -Kappadokien
Reisen -Lykien
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren