Mittwoch, 11. Juli 2007

Dialektik der Moral

Am Amoralismus solle es liegen, wenn alles im Argen liegt, hetzt die Intellektuellenmeute.

Nichts da! An der Instrumentalisierung der Moral gehe das Vertrauen in die Verantwortung, der einzige Schutz vor dem Verhängnis, den Bach runter…

Lassen wir die Pfaffen bei ihrem Gezänk. Wer wissen will, was es mit der Moral auf sich hat, darf sich nicht ihrer bedienen.
Man weiß ja, was dabei herauskommt, wenn die Organe der Inneren Sicherheit dazu aufgefordert werden, die Organe der Inneren Sicherheit hinsichtlich der Sicherheit des Inneren zu überprüfen.

Und wer nach der Moral ruft, weiß, dass sie entweder gerade mal wieder nicht da ist, oder er ihre ekelhaft aufdringliche Präsenz einfach nicht wahrhaben will, weil er sie für ihr Double hält.

Bevor aber jetzt alle Welt über den Höllenhund herfällt sei daran erinnert, dass die französischen Moralisten des 18. Jahrhunderts (Ja, es gibt ein Aufklärungserbe, das man nicht auszuschlagen braucht!) Leute waren, die sich die Mores ihrer Zeitgenossen anschauten, um darüber moralfreie Auskünfte zu geben. Sie untersuchten sozusagen das Formelle der Moral und kamen zu merkwürdigen Einsichten:

Treue zu Gott ist Verrat an der Menschheit
Treue zur Menschheit ist Verrat an Europa
Treue zu Europa ist Verrat an Deutschland
Treue zu Deutschland ist Verrat an Amerika
Treue zu Amerika ist Verrat an der Menschheit
Treue zur Menschheit ist Verrat an Gott

Bin mir sicher, dass hier nicht ein ziemlich weit gehender Gedanke auf kurzem Raum gestaltet wurde, sondern eine krankhafte Distinktionsgewinns-Sucht den Schreiber dieses umtreibt. Jedenfalls muß ich mir das dahinten aufbrandende unwillige Gemurmel vermutlich so deuten.
Kusch, Papa, ich habe nichts dagegen gesagt, dass du dich anständig aufführst, und ich werde auch nicht die Welt in Brand stecken, ehrlich.

Aber:

- Kann ich vielleicht was dafür, dass die Leute sich ein schlechtes Gewissen machen, bloß um hinterher ein gutes zu haben?

- Um des Erfolges willen weicht so mancher ab vom Pfad der Tugend. Aus dem selben Grund besteht er aber auch auf der Beseitigung skandalöser Schleichwege anderer.

-Ein Skandal ist nur so lange einer bis genau das selbe Skandalon in rechtsstaatlich geordnete Bahnen überführt ist.

-„Beim Anblick all dessen, was auf der Welt so vorkommt, müsste der größte Menschenfeind zuletzt heiter werden und Heraklit* vor Lachen sterben.“ (Chamfort: Maximen und Reflexionen).

* Dem tragischen Ernst seiner Aphorismen verdankt Heraklit die Hausmarke: „der weinende Philosoph“

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