Samstag, 12. April 2008

Töten


Für die verschiedenen Arten, einem Menschen oder Tier das Leben zu nehmen, reicht uns das Langenscheidt Schulwörterbuch Latein immerhin sieben Varianten. (Das Wiktionary kennt für das deutsche Äquivalent einschließlich der Idiomatik sogar 70 Synonyme.)
Fürs Gebären hingegen bietet das Lexikon nur eine kahle, synonymenlose partitudo.
Diese Alternativlosigkeit beim Geborenwerden...! und dieser Einfallsreichtum der Spezies, wenn es um das Finden von Ausgangsmöglichkeiten geht!
Und mich, mich heißt man einen Miserabilisten!

Notwendigkeit des Hasses II
In memoriam Peter Brückner

Man kann natürlich mit Kants Diagnose, Menschen könnten weder das friedliche Zusammenleben entbehren noch es vermeiden, einander beständig widerwärtig zu sein, Philosoph werden, bleiben und uralt werden.
Oder man kann sich auch der konkreten Zunahme von Feindseligkeit in den menschlichen Beziehungen der Weltmarktorientiertheit interessiert zuwenden. Und da sieht es in einer unvollständigen Rohskizze so aus.
Längere Krankheit, Kinderreichtum, Stellungsverlust, Stillegen von nicht mehr rentablen Betrieben, Produktionsumstellungen, konjunkturelle Schwankungen werden in der Arbeitswelt zu ebenso vielen Quellen von Verunsicherung und Sorge und - dem Schicksal zum Verwechseln ähnlich – unentrinnbar.
In diesem trüben Milieu der Unterwerfung vieler unter einen gesellschaftlichen Zustand, der ihre menschliche Expropriation menschlich verschärft, während er sie materiell verschleiert; der ihnen Autonomie versagt, während er sie füttert, und sie doch auf immer von den Privilegien der entwickelten Nation ausschließen will – in einem Milieu, in dem im breiten Stile Angsterweckung, Brutalität, soziale Kontrolle als Herrschaftsmittel im Schwange sind, erhält sich und produziert sich immer aufs neue eine archaisch anmutende Affektmatrix von Feindseligkeit, ja Haß unberührt unter dem Schleier von Wohlverhalten und Konformität, und kann reformistische Veränderungen der Situation überdauern. In diesem trüben Milieu bewegt sich „bei denen da oben“ wie bei „denen da unten“ die von Adorno skizzierte Duldsamkeit des Bürgers gegen je seinesgleichen, die vom Haß gegen den wirklichen Menschen, den homo absconditus, ebenso untrennbar ist wie der Haß gegen alle, die nicht meinesgleichen, Kastengenossen sind. Die Wut der aneinander Enttäuschten, entweder Sklaven oder Herren, reproduziert sich und sucht nach Eigenschaften, an denen sie sich betätigen kann.“

Dieses Strafbedürfnis ist es, vor dem die sozialhygienisch gesinnte Wohlmeinendheit Angst hat, wenn sie sich gegen den Haß ausspricht, statt die Permanenz seiner Anlässe näher zu besichtigen.
Die hochgemute Rückkehr roher Gewaltförmigkeit in die Politik der letzten Jahre unter dem Slogan einer permanenten Strukturreform hat unter den von ihr Gedeckelten einige Atüs mehr sozialen Drucks geschaffen.
Soweit die Sachverhalte, zu denen man sich stellen mag, oder auch nicht.
Vielleicht sollte man daran erinnern: Dank ist keine Kategorie der Politik.

Rechtsstaat
Es sprechen von ihm ohne Druck auf der Brust nur die, mit denen er sich noch nicht fühlbar befasst hat.

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