Dienstag, 30. Dezember 2008

Weisheitslehren


Am liebsten redet, wer nichts begreift, von der Weisheit, wie die Huren vom tugendhaften bürgerlichen Lebenswandel.

Weise Gedanken hat jeder, nur der Dumme verschweigt sie nicht.

Dass sich jeder Tölpel für weise halten kann, weil die Weisheit als Phänomen des Selbstbewußtseins („Oh, ich bin klug und weise, und mich betrügt man nicht“. Lortzings mehrfach des Gegenteils überführter Bürgermeister in: Zar und Zimmermann.) überhaupt nicht falsifizierbar ist, (Si tacuisses philosophus mansisses) hat ihr nach ca. 2000 Jahren gerechterweise die Clientel weitgehend entzogen.
Immerhin dürfte es schon etwas besagen, dass der Letzte, den die Weisheit umtrieb, Schopenhauer war: Es strebt der Mensch solang er irrt.
Und aus den Affen, die nichts hören, nichts sehen und sich auf die Fresse schlagen, ist der normale Abnicker abzuleiten.

Die Philosophen nach diesen Affen haben ihren Schülern zumindest in Rechnung gestellt, dass von der Ausrufung des modernen Staates an „das kälteste aller Ungeheuer“ (Nietzsche), nämlich der Staat und seine Gewalt, der intersubjektiven Bewältigung der Lebensprobleme einen dicken Strich durch die Rechnung machen kann. Wenn die Dummheit regiert, wird man sehr viel Weisheit nötig haben. Und die Zurückgeworfenheit auf Verarbeitungstechniken greift seit her doch besser auf Sokrates zurück: „Ich weiß, dass ich mir ´s nicht leisten kann, weise zu sein.“
Der Prediger Salomo hielt dafür: „Sei nicht allzu gerecht und allzu weise, damit du dich nicht zugrunde richtest.“ Darüber kommt keiner hinaus.

Auffällig auch, dass nur die Fürstenspiegel aus der Feder von Intellektuellen oder (seltener) aus der des Gewalthabers um den weisen Gebrauch des freien Umgangs mit allem anderen als sich selbst kreisen: „Der Weisheit eine Gasse! Ein Leitfaden für Führungskräfte.“

Aperçus désagréables


Es gibt einen wesentlichen Unterschied zwischen Aperçu und Aphorismus.
Das kurze, prägnante, geistreiche Bonmot ist ein blendendes Aufzucken des Geistes in den Finsternissen der Konversation. Es endet mit dem Zünden des Witzes. Der Aphorismus beginnt überhaupt erst jenseits dieser plötzlichen Erhellung der Nacht und geht über in ein langes Wetterleuchten.
Das Aperçu gehört in die literarische Kategorie des Spruchs. Es hebt nur dessen intellektuelle Behäbigkeit durch eine überraschende ironische Illumination auf. Der Aphorismus dagegen ist auf dem Wege zum Essay, den der ihm geneigte Leser selber schreibt.
Unangenehm wird es, wenn Jack the Ripper und sein notorischer Beistand für eine überlastete Gerechtigkeitspflege sich auf der Brücke des schwarzen Humors begegnen.

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