Sonntag, 4. Januar 2009

Schwarzromantische Anti -Thetik als Kunstform.


Giovanni Papini: (Firenze 1881-1956).

Statt einer längeren Beschreibung der Statur dieses unruhigen Geistes, der es unter anderem geschafft hat, zum Katholizismus und zum Faschismus zu konvertieren, wie so mancher geistigen Halt suchende Freibeuter und Vagabund vor und nach ihm, hier ein paar charakteristische Kostproben:

Das Weltall zerfällt in zwei Teile - ich und der Rest." – (Giovanni Papini, Ein erledigter/fertiger Mensch)
· Aphorismus: eine Wahrheit in wenigen Worten – aber so formuliert, dass sie die Lüge auf überraschende Weise übertrifft.
·
· Da sind die, welche nichts sagen, dies aber gut – es gibt andere, die viel reden, dies aber schlecht. Die schlimmsten sind jene, die nichts sagen und auch das noch schlecht.
·
· Die Bescheidenheit ist die banalste/ geistloseste Erscheinungsform des Stolzes.

Anhand von einfachen und klugen Gedankenexperimenten führt Papini den Menschen in seiner Leichtgläubigkeit vor und stellt scheinbare Wahrheiten vom normierten Kopf auf enorme Füße.
In den Erzählungen (Der Spiegel auf der Flucht (Spiegelfluchten)) trifft der Ich-Erzähler beispielsweise auf sein Ich von vor 7 Jahren, das ihm nach genauerer Betrachtung lächerlich und überheblich erscheint. Soviel zur Identität, die dieser schwarzromantische Proteus als Zwangsveranstaltung durchschaut.
Da sucht ein Autor nach einer spannenden Lebensgeschichte und findet das langweiligste und vorhersehbarste Leben überhaupt. Soviel zur Kritik des Alltagslebens.
Oder der Ich-Erzähler belehrt den Optimisten, dass die Menschen nicht im Jetzt, sondern allein für die Zukunft und demnach überhaupt nie wirklich leben:
»Menschen, wir verlieren das Leben für den Tod, wir verbrauchen die Realität für das Imaginäre, wir bewerten die Tage, weil sie uns zu Tagen führen, die keinen anderen Sinn haben, als uns zu anderen, ihnen ähnlichen Tagen zu bringen ... Menschen, unser ganzes Leben ist ein entsetzlicher Betrug, den ihr selbst zu eurem eigenen Schaden begeht, und nur die Dämonen können kalt lachen über euer eilfertiges Streben nach dem Spiegel, der flieht.«

In seinem „Schwarzen Buch“ findet man folgende Stellung zur Weisheit.
Il grande savio ha chiuso un momento gli occhi, s'è passato la destra a mò di pettine sui capelli della fronte, eppoi, riaprendo gli occhi e fissandomi, ha esclamato:
— No, neppur io son felice. Sappiate che la vera saviezza non ha relazioni con la felicità bensí con la morte»
.( Papini, Il libro nero)

Ein Meisterwerk der Geschichte eines intellektuellen Werdegangs ist Papinis „Ein erledigter Mensch“. Gott sei Dank, keine Autobiographie, sondern die Nachzeichnung der Gleichgewichtsartistik eines Geistes, der auf sich als ein Versprechen reinfällt.

Seine lehrreiche und beispielhafte Unreife ist die der Kultur, auf die er vertraut. Eben das "geistige Tierreich"(Hegel), die buntscheckige Jacke der Bildungssphäre.

Homo? Humus
Fama? Fumus
Finis? Cinis.

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Wandermönche
Der Weise Mein Haus ist schmutzig, meine Kinder, zahlreich,...
gitano - 22. Nov, 16:39
...
:-D
Greedy - 2. Feb, 16:08
Job-Center
bietet moralisch einwandfreien Lebensersatz, wenn es...
gitano - 4. Jan, 07:51
Polarisierung
Die hässliche Angewohnheit der Realität, nicht deiner...
gitano - 4. Jan, 07:15
Psychagogen
Tragend die Herzen der Menschen mit strebender Hoffnung...
gitano - 25. Dez, 15:15

Links

Suche

 

Status

Online seit 6193 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 22. Nov, 16:39

Credits


100 schwarze Meisterwerke
Definitionen und Aphorismen zur Lebens-Unweisheit
Fundstücke
Journalistisches
Literatur
Mythisches Bewußtsein
Persönliches
Reisen
Reisen - Indien
Reisen -Amerika, Südwest-
Reisen -Indien 1
Reisen -Indien 2
Reisen -Indien 3
Reisen -Indien 4
Reisen -Kappadokien
Reisen -Lykien
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren