Definitionen und Aphorismen zur Lebens-Unweisheit
Für die verschiedenen Arten, einem Menschen oder Tier das Leben zu nehmen, reicht uns das Langenscheidt Schulwörterbuch Latein immerhin sieben Varianten. (Das Wiktionary kennt für das deutsche Äquivalent einschließlich der Idiomatik sogar 70 Synonyme.)
Fürs Gebären hingegen bietet das Lexikon nur eine kahle, synonymenlose partitudo.
Diese Alternativlosigkeit beim Geborenwerden...! und dieser Einfallsreichtum der Spezies, wenn es um das Finden von Ausgangsmöglichkeiten geht!
Und mich, mich heißt man einen Miserabilisten!
Notwendigkeit des Hasses II
In memoriam Peter Brückner
Man kann natürlich mit Kants Diagnose, Menschen könnten weder das friedliche Zusammenleben entbehren noch es vermeiden, einander beständig widerwärtig zu sein, Philosoph werden, bleiben und uralt werden.
Oder man kann sich auch der konkreten Zunahme von Feindseligkeit in den menschlichen Beziehungen der Weltmarktorientiertheit interessiert zuwenden. Und da sieht es in einer unvollständigen Rohskizze so aus.
Längere Krankheit, Kinderreichtum, Stellungsverlust, Stillegen von nicht mehr rentablen Betrieben, Produktionsumstellungen, konjunkturelle Schwankungen werden in der Arbeitswelt zu ebenso vielen Quellen von Verunsicherung und Sorge und - dem Schicksal zum Verwechseln ähnlich – unentrinnbar.
„In diesem trüben Milieu der Unterwerfung vieler unter einen gesellschaftlichen Zustand, der ihre menschliche Expropriation menschlich verschärft, während er sie materiell verschleiert; der ihnen Autonomie versagt, während er sie füttert, und sie doch auf immer von den Privilegien der entwickelten Nation ausschließen will – in einem Milieu, in dem im breiten Stile Angsterweckung, Brutalität, soziale Kontrolle als Herrschaftsmittel im Schwange sind, erhält sich und produziert sich immer aufs neue eine archaisch anmutende Affektmatrix von Feindseligkeit, ja Haß unberührt unter dem Schleier von Wohlverhalten und Konformität, und kann reformistische Veränderungen der Situation überdauern. In diesem trüben Milieu bewegt sich „bei denen da oben“ wie bei „denen da unten“ die von Adorno skizzierte Duldsamkeit des Bürgers gegen je seinesgleichen, die vom Haß gegen den wirklichen Menschen, den homo absconditus, ebenso untrennbar ist wie der Haß gegen alle, die nicht meinesgleichen, Kastengenossen sind. Die Wut der aneinander Enttäuschten, entweder Sklaven oder Herren, reproduziert sich und sucht nach Eigenschaften, an denen sie sich betätigen kann.“
Dieses Strafbedürfnis ist es, vor dem die sozialhygienisch gesinnte Wohlmeinendheit Angst hat, wenn sie sich gegen den Haß ausspricht, statt die Permanenz seiner Anlässe näher zu besichtigen.
Die hochgemute Rückkehr roher Gewaltförmigkeit in die Politik der letzten Jahre unter dem Slogan einer permanenten Strukturreform hat unter den von ihr Gedeckelten einige Atüs mehr sozialen Drucks geschaffen.
Soweit die Sachverhalte, zu denen man sich stellen mag, oder auch nicht.
Vielleicht sollte man daran erinnern: Dank ist keine Kategorie der Politik.
Rechtsstaat
Es sprechen von ihm ohne Druck auf der Brust nur die, mit denen er sich noch nicht fühlbar befasst hat.
Es gibt eine geschichtlich überlieferte Moral der politischen Klassen. Über das Menschenfresserische daran hält sich schon der älteste Text unserer Zivilisationsgeschichte, die Klage eines ägyptischen Bauern herzbewegend auf.
Es gibt eine ihr korrespondierende und sorgsam betreute Moral der unbegrenzten Leidensfähigkeit, die alles in sich reinfrisst, was Augen und Beine hat, und kein Tisch ist.
In beiden Fällen ist Vegetarismus ein sehr bekömmlicher Ausweg.
Vorstadt (banlieue)
Es stimmt gar nicht, dass die Pariser banlieues ein Problem darstellten, dessen jugendlichen „Abschaum“ und „Gesindel“ (racaille) man „mit einem Hochdruckreiniger von Kärcher wegspritzen“ müsse, wie der rigorose Ordnungshüter Sarkozy meinte und damit so ungemein an Popularität zulegte, dass er die Präsidentschaftswahl gewann.
Das muss man unbedingt sehr viel differenzierter sehen.
Die banlieue zum Beispiel, namens Neuilly-sur-Seine , in der Herr Sarkozy wohnt, ist einer der wohlhabendsten Vororte (banlieue) von Paris, und Sarkozy wäre vermutlich empört, wenn er beim Wort seiner Moral genommen, und die jeunesse dorée seines Viertels „von Jugendlichen der eigenen Hautfarbe“ einfach als „Wundbrand“ „weggeschnitten“ würde.
Vorhersagbarkeit
Gibt man die Suchbegriffe „Sozialpsychologie Wut Hass“ ein, erschnüffelt der google-Hund ungefähr 13.700 Einträge.
Man braucht nicht einen davon aufzurufen, um zutreffend prognostizieren zu können, dass darin Hass und Wut überwiegend den Geistesschwachen zugeordnet werden, und die wahre Geistesgröße dem Leiden einen Sinn ablauschen wird.
Man verstehe dieses Memorabile als einen Beitrag zur Seuchenkunde.
Tapferes Schneiderlein
Er konnte und wollte mit seinem Staat nicht leben.
So entschloss er sich, von ihm zu leben.
Wer den Hass zum Fetisch macht hätte genau so blind bei der Liebe bleiben können.
Leben
Es gibt immer im Abseits sichere Orte, die leer vom Zugriff der Macht sind.
Obwohl die institutionelle Umklammerung des Lebens also teilweise Schein ist, votiere ich lieber für ein Leben ohne Schein.
Kunsttheorien
Kanonische klassische Kunst gibt sich gern post-coital gestillt als organische Objektivation und wird schnell unduldsam gegen ihre liederliche Schwester, die wenig wählerisch als ein Medium hausieren geht, in dem ausschließlich ungefilterte Erfahrungen und Sehnsüchte geduldet und uneingeschränkt mitteilbar werden.
Herrschaft, gute
„Dies sind die Worte des Königs Lamuel, die Lehre, die ihn seine Mutter lehrte. Ach mein Auserwählter, ach du Sohn meines Leibes, ach mein gewünschter Sohn, laß nicht den Weibern deine Kraft und gehe die Wege nicht, darin sich die Könige verderben! Nicht den Königen ziemt es, Wein zu trinken, noch den Fürsten starkes Getränk! Sie möchten trinken und der Rechte vergessen und verändern die Sache aller elenden Leute.
Gebt starkes Getränk denen, die am Umkommen sind, und den Wein den betrübten Seelen, daß sie trinken und ihres Elends vergessen und ihres Unglücks nicht mehr gedenken. Gebt starkes Getränk denen, die am Umkommen sind, und Wein den betrübten Seelen, dass sie trinken und ihres Elends vergessen…“
Dieser uralte Gedanke einer guten Herrschaft hat sich bis in die heutige Angestellten- Kultur hinein als unausrottbar erwiesen.
Das macht: es ist gar kein Gedanke, sondern ein Ideal von Praxis, an das man sich - so oben wie unten - hält oder auch nicht. Wünschbarkeiten der formulierten Art nennt man Moral, und die kommt auch ohne jeden Gedanken seit je her inter faeces et urinam nieder.
Was mir symptomatisch für den Weltzustand vorkommt, ist der urbanen Replik ein sanftes „Ach-woher-denn“ wert.
Auch dieser Vorgang ist natürlich keine Signatur des Zeitalters.
Krieg
Exportcampagne des laufenden Friedensprogramms.
Phänomenologie
Seit die Gräfin ihn über ihre Liegenschaften geführt hat ist er doch sehr für die plurale Identität des Menschen bis hinunter zum Schuhputzer.
Fresser, unnütze, auf demokratisch
Zu den verschärften Kontrollen bei Hartz-IV-Empfängern hörte man bereits 2006 den Bundestagspräsidenten Lammert (CDU)faschisteln:
"Es ist doch eine schiere Selbstverständlichkeit, klarzulegen welche anderen Einkünfte man hat, wenn man von der Gesellschaft erwartet, anstelle eines nicht vorhandenen eigenen Einkommens von anderen durchgefüttert zu werden."
Eigentlich schade, dass dergleichen Gerede aus dem Munde von durchzufütternden Politikern als einkommenswürdig gilt.
Adorno reloaded
Jenseits der Erwerbspflichtgrenze könnte das richtige Leben im falschen doch nun wirklich endlich mal beginnen, wenn es nicht bloße Restlaufzeit der ausgedienten Maschinerie wäre.
Aus einer am Mittwoch veröffentlichten Umfrage der britischen Rundfunkanstalt BBC geht hervor, dass Deutschland einer neuen Studie zufolge das höchste Ansehen auf der Welt genießt. Im Durchschnitt haben 56 Prozent der Befragten in 34 Ländern ein positives Bild von der Bundesrepublik.
Eine Faktorenanalyse dieses völlig uninteressanten Resultats einer völlig unerheblichen Frage käme auf mehrere denkbare Gründe: die Fragestellung der Statistiker, die Beliebigkeit des vom jeweiligen Staatsbürger angestellten Vergleichs, oder den Opportunismus des Meinens.
Der Hauptgrund dürfte sein, dass die Befragten allesamt keine zu irgend einer ernsthaften Wahl berechtigten Ausländer waren.
Belle Tristik
Die nie auf einen grünen Zweig kamen, lieben zur Entschädigung die Psychogramme des Stefan gleichen Namens.
Kompensation
Es gibt Leute, die glauben allen Ernstes an die kompensatorische Kraft von Kultur. Kompensation überträgt sich gemeinhin mit Ent-Schädigung.
Da der bereits gelaufene Schaden und allerlei auf Dauer gestellte Beschädigung in dieser Kulturtheorie unterstellt ist, fragt es sich doch, wie aus dem vorliegenden Hackfleisch jemals Integrität anders Urständ feiern solle, denn durch die Taschenspielerkunststücke der Einbildungskraft.
Der Verdacht liegt nahe, dass solche Einfälle von der Fleischwolfindustrie gesponsert sind.
Protestanten
Schreiben sympathetisch immer nur bei sich selbst ab.
Einer, der seine Einfälle beim Zusammenprall klaut, ist ihnen nicht geradezu sympathisch.
Die Weisheit des Silen
"Lange Zeit jagte König Midas im Walde nach dem weisen Silen, dem Begleiter des Dionysus. König Midas wollte von ihm erfahren, was für den Menschen das Allerbeste und Allervorzüglichste sei. Als er ihn endlich gefangen hatte, widerstand der Gefangene und offenbarte die Wahrheit seinem Peiniger erst unter schwerster Folter: "Elendes Eintagsgeschlecht, des Zufalls Kinder und der Mühsal, was zwingst du mich dir zu sagen, was nicht zu hören für dich das Ersprießlichste ist? Das Allerbeste ist für dich gänzlich unerreichbar: nicht geboren zu sein. Das Zweitbeste aber ist für dich - bald zu sterben."
Diese alte griechische Sage vom gefangenen und geschundenen Faun und seiner unliebsamen Wahrheit wurde erstmals von Herodot (490-425 v. Chr.) aufgeschrieben.
Etwas jünger ist in dieser Hinsicht auskunftsfreudig die Bibel. Im Buch Kohelet (auch Prediger Salomo) des alten Testaments finden sich Sprüche wie: "Ich sah all das Tun, das unter der Sonne getan wurde und siehe, alles ist Hauch und Haschen nach Wind."
Dort steht auch das rettende Heilmittel nachzulesen, von dem keiner glaubt, daß es eines sei, weil schon der Ausgangspunkt für vermeidliche Verwerflichkeit gehalten wird: "Sei nicht zu fromm, und übertreib es nicht mit deiner Weisheit!"
Dieser Epikuräismus hat seit der Zeit seiner erstmaligen Empfehlung (um 250 v. Chr.) nichts von seiner Angeratenheit verloren.
Leser dieses! Möge deine Flasche immer voll sein!
Dem, der die Sklaverei als zu teuer durchschaute, und als Machthaber verbot, wird ein Denkmal errichtet.
Nicht so den zahllosen Revolten davor.
Kriegsabenteuer
Dieses wiederholungshalber immer häufiger auftauchende Film-Genre plaudert seinen Anschlag aufs geistige Wohlbefinden schon in der monströsen Wortballung aus.
Nicht wird das Brechen des Willens eines auswärtigen Souveräns durch seinesgleichen als paradoxe Kollision mit den privaten Illusionen der über die Schlachtfelder wankenden Würstchenhaftigkeit empfunden.
Im Gegenteil: mein Haufen gibt mir die Chance, dem Alltag zu entrinnen, hinein in die Gelegenheit groß rauszukommen, mit Überlebensgarantie seiner Majestät des Würstchens, des Ich.
Loyalität
Die Leute als reine Opfer auszupinseln, ist ein Fehler, an dem die Revolutionäre zu Recht gescheitert sind.
Richtig ist vielmehr, dass diese Opfer schön freiwillig mitgemacht haben.
Allerdings kann sich keiner darauf berufen, dass, was mit dem freien Willen auch aus freiem Willen geschieht.
Sozialer Frieden
Weltweit gehen die Meinungen zur Medienfreiheit auseinander, so eine Studie der BBC. Fast die Hälfte der Menschen befürwortet Zensur, um den sozialen Frieden zu erhalten.
Un´ nu´ du!
Unantastbarkeit
So ohne weiteres kommst du da nicht ran. Wenn doch, dann bist du wer.
Wir-Gefühl
In England müssen aus Gründen des schwindsüchtigen Zusammengehörigkeitsgefühls angesichts der Folgen der New Economy wichtige Sportereignisse per Gesetz im Free-TV ausgestrahlt werden.
Die hässliche Angewohnheit der Realität, nicht deiner Meinung sich anzuschließen, und einen auf dich zu hetzen, dessen Sichtweise die Wirklichkeit eben so gut verfehlt.
Berufswahl
"Gehst du noch zur Uni, oder bist du schon arbeitslos?"
Wer nicht mag, was die Leute im Kopf haben, kann nur noch ihr Lehrer oder Schriftsteller werden.
So einer kann ja nichts dafür. Der brauchte schließlich das Geld.
Selbstmord
Was mag eine Freiheit wert sein, die sich im Augenblick ihrer Verwirklichung selbst vernichtet?
Störer sind gestört
Dieses hier ist ein Verstörprogramm.
Der paradoxe Tiefsinn des „Werde, der du bist“ verbirgt verschmitzt die Unmöglichkeit jeglicher Realisierung. Der Igel ruft prompt „Werde“, sobald der Hase da ist.
Sozialpartnerschaft
Mag sein, dass sich noch einer daran erinnert, was das war.
Benehmt euch wie freie Menschen, sagte der Staat.
Im Falle sich einer im Handeln darauf berief, wurde er ebenso wie jeder dem Befehl Zuwiderhandelnde bestraft
Werthierarchie
Ich höre, Natur sei Wahrheit, und Kunst die höchste. Wie – bitteschön – hieß noch mal der Superlativ von Schwangerschaft?
Angeberei
Ich höre von den Vollmundigen, für das Können gebe es nur einen Beweis: das Tun. – Je nun, ich z. B. kann Bomben machen.
weblog
Das Poesiealbum der Teenies und Twens. An deren albernem Respekt vor den Gemeinplätzen sieht man, wie lange heute die Adoleszenz dauert.
Erlösung
Das mit den Christen sehe ich sehr ungnädig wegen deren perfider Geschäftsidee, die das massenhafte Leiden auf Dauer stellt.
Erst redet man den Leuten ein, sie hätten einen Makel qua Geborenseins, nämlich eine Erbsünde, eine Art einzigartigen Webfehlers, den man nicht durch Kritik und Bessermachen aus der Welt schaffen kann.
Dazu braucht es zweitens eine Priesterschaft, deren kundige Anleitung einen Erlöser hervorzaubert.
Kaum hat man sich aber auf die Unverschämtheit eingelassen, und sich tatsächlich seine Erlösung einleuchten lassen, geht es einem wieder nicht so recht gut, weil die sündige Kreatur gar nicht anders kann, als gegen den von der Priesterschaft ausgearbeiteten Sündenkatalog zu verstoßen. Und siehe da, schon steht der Erlösungsstatthalter bereit, dich von dem zu befreien, womit er dich soeben versklavt hat.
Auffällig auch: man hat mir noch nie jenen ominösen Herrn Jesus vorgestellt, in dessen Namen das alles gesachwaltet wird. Sollte dieser Herr sich wider Erwarten eines Tages bei mir - wie sich das unter honetten Leuten gehört - vorstellen, werde ich ihn ungescheut über das Treiben seines Gesindes in Kenntnis setzen.
Jedem, ausnahmslos jedem, der sich anheischig macht, mich erlösen zu wollen, biete ich aus obigen Erwägungen heraus meinerseits Ohrfeigen an.
Visionär
Den Seher erkennt man an seiner mangelhaft ausgebildeten Trennschärfe beim Wahrnehmen dessen, was er sieht.
Genieverehrung
Ich höre, es schreibe keiner wie ein Gott, der nicht gelitten habe wie ein Hund. Das erklärt, warum die Millionen Hungerleider so exzellente Belletristik verfassen.
Pazifismus
Antigone: „Nicht mitzuhassen, mitzulieben bin ich da.“
Matthias Claudius: „s´ ist Krieg – und ich begehre/ Nicht schuld daran zu sein.
Genau, man muss den Schleier vor den Leichen bergen.
Erkenne dich selbst
Biblisch genommen liegt hier inhaltlich die Aufforderung vor, mit sich selbst das Kopfkissen zu teilen.
Man merkt aber gleich: so menschenfreundlich kann es nicht gemeint sein, denn dazu bedürfte es keiner Befehlsform.
Begleitmusik
Hochzeitsmärsche und Marschmusicke fallen unter die Maßnahmen zur Truppenbetreuung.
Memorabile
Alltägliches in die Ebene des Sinnbildlichen erhoben. Untergattung des Reality —TV. Schicksalsmelodie.
Wünschenswert: Memorabilien, die dem symbolischen Sprechen nachweisen, dass zwar von den täglichen Ohrfeigen viele Wege zum Kreuze kriechen, aber vom Kreuz nicht ein zuverlässiger Weg in die herbeigeprügelten Ordnungsmuster.
Säulenheilige
Wer von den Atomisierten nicht den Rest seines Lebens stehend verbringen möchte, wird sich wohl zwischen sämtliche Stühle setzen müssen.
Tendenziös
Jeder Satz jeder parteilichen Einlassung. Ihr Credo, es gebe keine nicht parteiliche.
Enthusiasmus
Fanatismus, der mit unserer Billigung rechnet.
Small talk
Die informell über den Markt vermittelte Gesellung legt sich den Zwang auf zwanglos zu erscheinen.
Wer nicht durchscheinen lässt, dass dieser Zwanglosigkeit Selbstzwang zum Grunde liegt, heißt urban bis in die Knochen.
Hallo, da draussen.
Bin mal eben zwei Wochen weg.
Wenn ich Anfang April vom "Lykischen Weg" (Westtürkische Küste)wiederkomme, meldet sich der gitano wieder.
Etymologisch von „sich der Muse entledigen, sich ihrer berauben,“ herzuleiten. Dieser Wink der Sprache plaudert eine Wahrheit aus, die sogar dann noch stimmt, wenn er falsch ist.
Apokalypse now
Den Untergang der Welt würden wir gar nicht wahrnehmen, was sehr für sein derzeitiges Stattfinden spricht.
Warum? Er ist als Wirklichkeit zwar visuell darstellbar, aber für unsere Sehgewohnheiten so nicht mehr decodierbar. Die Elends- und Kriegsdarstellungen lesen sich jetzt schon als sehr kritikable, überaus mangelhafte Abenteuerclips. Der Kameramann sollte ausgewechselt werden.
Das Tier mit den zehn Hörnern und sieben Köpfen halten wir dereinst für einen gelungenen special effect aus einem Fantasy- Film.
Die anfallende Sanierung der aufgelaufenen Schäden werden wir aus der Instandhaltungsrücklage begleichen.
Bedürfnisanstalten
Kantinen, Kasernen, Kinos, Kontakthöfe, Klosetts und Kirchen.
Verdauungsendprodukt
Recht, rectum, rectal – wie doch der Konservatismus der Sprache so treulich die innere Verwandtschaft der Sachen bewahrt! Das rechtmäßig Verschlungene korrespondiert – ganz recht - mit dem Mastdarm.
Denkfaulheit
Dogmatisches erregt heute bereits eine allgemeine Heiterkeit. Gut so. Gerettet sind wir aber erst, wenn der Skeptizismus als Dogma durchschaut ist.
Demut
Die nachantiken Religionen sind deswegen so unschlagbar in ihrer historisch erwiesenen Anpassungsfähigkeit an alle Erfordernisse des sozialen Kitts, weil die von ihnen gesichtete, unüberwindliche Geneigtheit der Kärrner, sich als Lasttiere der Könige aufzuführen, als „Mut zum Dienen“ angedient wird.
Ehre
Einem Gedanken die Ehre zu geben, ist so unendlich viel schwerer als dem Herrn Bürgermeister.
Gnome
Hast du das Gefühl, ein Aphorismus bestätige dich, bist du einem verunglückten auf den Leim gegangen.
Humanitas
Die edelsten Tugenden, als da sind: Hingabe, Selbstverleugnung, entsagende Selbstpreisgabe in der Loyalität an die Götter und ihre irdischen Sachwalter schaffen von je her unvergleichlich gewaltigere Kadaverfelder des gemetzelten Menschentiers, als ein noch so begabter Mörder hinbekäme.
Von den anderen Tieren ganz zu schweigen.
Selbst, das
Jeder Autobiograph vermittelt ein gestochen scharfes Bild von dem, was die Zeitgenossen von ihm erwarten durften.
Psychoanalyse
Als die Seele endlich Sigmund Freud entdeckt hatte, erschrak sie gewaltig vor dessen innerem Afrika.
Rollenspieler
So blöd, wie sie schlau schauen, können die gar nicht sein.
Sentenz
Sentenzen verzeiht man nur dann, wenn der Sententiöse mindestens Cäsar ist.