Ehemals als neutrale "Entvolkung" in der Beschreibung der Population von Wildgänsen und anderen Tieraggregationen gehandhabt.
Heute wird aktiv bevölkert, dass einem vor Bevölkerungspolitik nur so die Augen übergehen. Die Bio-Masse Deutschstämmiger und ihr mangelnder Reproduktionswille hat offenbar die Aufmerksamkeit des Staates erregt.
Tugend
Kommt von taugen. Die Tauglichkeit ist also eine Abrufbarkeit. Anruf genügt, und der Zeitarbeiter macht sich ans zeitlich vom Tauglichkeitsabrufer sehr begrenzte Taugen. Und lässt sich durch nichts zum Laster der Undankbarkeit verführen.
Man kommt aus der Tugend des Staunens gar nicht mehr heraus.
Tatkräftige Demut
Die ehemals gerühmte Unbeugsamkeit beim standhaften Durchhalten ist irgendwie unter den Starrsinn geraten und hat inzwischen fleißig die Schmiege gemacht: Flexibilität ist das höchste Gut.
Tugendprobe
Daß einer die Tugend erst mal mühsam an sich selbst herstellen muß, merken der General und sein taugliches Menschenmaterial spätestens, wenn sie beim Töten der Feinde auch noch Mäßigkeit üben sollen.
An was wird eigentlich ein Politiker gemessen? Aufrichtigkeit? Bescheidenheit? Liebe zur Objektivität? Oder wählt man in ihm nicht doch das tatkräftige Zuschlagen, das er verspricht mit Hingabe zu üben?
Was spricht eigentlich gegen mehr Geiz bei der geradezu verschwenderisch verausgabten Loyalität der Massen, die doch sehr dem Laster der Spielleidenschaft von Glücksrittern zum Verwechseln ähnlich sieht?
Einem Mittellosen mehr Fleiß bei der Selbstsucht anzuraten, scheint irgendwie nicht recht zielführend.
Neid
Der Gerechtigkeitsfimmel schlägt in der Missgunst vor, es mögen doch bitte alle so arm, hässlich und krank sein wie seine edle Vorzugslosigkeit.
Warum diese offensichtliche Dummheit unter die Todsünden kategorisiert wird, hängt mit dem Unbehagen der Religion angesichts der Leistungen des Denkens zusammen. Was man schon daran sehen kann, dass die ergiebig sprudelnde Quelle so mancher Ärgernisse, nämlich die Torheit, nicht dazu zählt.
Wollust
Willentliches Kultivieren einer lustvollen Empfindung. Die Kirche hatte schon den richtigen Riecher als sie den Ketzer unter die Wollüstigen rechnete. Sie hat nun mal etwas gegen das Kultivieren.
Oder sollte man Enthaltsamkeit und Entsagen, also Verzichtleistung auf tätigen Umgang mit der Welt, tatsächlich kultivieren können?
Wie so oft irrte auch hier Schiller, als er dekretierte: „Wollust ward dem Wurm gegeben.“ Die wahren Wollüstlinge sind die Cherubim, die sich im Anschauen des Herrn suhlen.
Geiz
Die Tugend der Sparsamkeit am falschen Ort.
So geizen die meisten mit ihrer Vernunft und anderen Reizen der Person, was nun wirklich nicht sehr schön von ihnen ist.
Wettbewerbsverzerrung
Die Einführung eines Mindestlohns schadet der Konkurrenz, die – wie alle Welt weiß - das Geschäft belebt, und die noch sehr viel weniger zu zahlen bereit ist.
Mangel
Selbst wenn es ihn gäbe, er erschiene immer im Bewußtsein der Normalverbraucher von Ideologica nur als hassenswerte Begierde.
Zorn
Ist deswegen eine der sieben Todsünden, weil er eine Welt wahr- und ernstnimmt, in der die Beobachtung gemacht sein will, dass es merkwürdigerweise immer der Sanftmut der Tauben an den Kragen geht.
Sichtweisen
Wer den Kopf in den Sand steckt, sieht nur mit dem Herzen gut.
Frechheit
Praktische Überprüfung der Gedankenfreiheit an der Mitwelt mit vorhersehbarem Resultat.
Afghanistan
A.: Mach mal einen Satz mit Afganischtan.
B.: Das geht dich Aff´ gaah nischt aan.
Sinnsuche
Die Binsenweisheit, dass es bei einer rasanten Abfahrt über die Skipiste ganz anders zugeht als bei erteilten Abfuhren oder gar beim Abgeführtwerden, hat bei den Angeführten bislang zu keinem nennenswerten Nachdenken geführt.
Das macht: solange der Schnaps, der da Schnaps ist, nicht ausgeht, ist der Dienst, der da Dienst ist, gegessen.
Chile, 11. September 1973 (und öfter) hieß der Kampf gegen den "Terror" noch wie etwas, das die Feinde unserer Gesellschaftsordnung mit uns vorhaben.
Tapfer
Zu dumm, sich vor den Folgen seiner Dreistigkeit zu fürchten.
Spelunke
Immer wenn ich im Recht bin, sehe ich zu, dass ich schleunigst da raus komme, bevor mich einer darauf verpflichten kann.
Plausibilisieren
Was dir ums Verrecken nicht einleuchten will, das musst du dir erklären.
Rationalisierung
1.Der Wolf frißt das Lamm natürlich nicht, nicht weil er hungrig ist, sondern weil des Lämmleins Mutter ihn seinerzeit verleumdet hat.
2.Entlassung in die Freisetzung.
Maskenspiel
Das Leben ist genau so lange ein Rollenspiel wie man seine Domestiken auf die Bühne schicken kann.
Lästerer
Der Pfaffe benutzt den Lästerer schamlos zum Beleg der unumgänglichen Wichtigkeit seiner Sache: solange so einer lästert, beschäftigt der sich mit etwas, womit er nicht fertig wird.
Könnte es aber nicht auch sein, dass so einer Zeit hat und sie zum Zwecke allgemeiner Erheiterung nutzen möchte?
Liebe
Eines der wenigen erlaubten Sinnprogramme.
Größe
Die Größe des Großen schreibt sich her von der Kleinheit der Kleinen.
Menschenfeind
Zum Begriff des Menschenfreunds, eines aktiv den Philanthropen gebenden Wohltäters, gibt es verräterischerweise keinen Oppositionsbegriff.
Mit dieser Lücke lehrt uns die Sprache, dass Menschenfeindlichkeit ein unpraktisches Ding, nämlich lediglich ein dysfunktionales Menschenbild ist, das man sich halten mag oder auch nicht.
Spare in der Zeit, so hast du deine liebe Not.
Destruktivität
Das Böse in uns, nach Auskunft der sich damit befassenden Wissenschaft.
Ein herzhafter Tritt in den Hintern eines Fußballers der gegnerischen Mannschaft, die Ohrfeige als erzieherischer Eingriff des Erziehungsberechtigten und das Abwerfen von Atombomben durch die einzige Nation, die jemals davon praktischen Gebrauch gemacht hat, alles dasselbe.
Der sich darin äußernde Hass sei zudem eigentlich ein umgeleiteter Selbsthass.
Auf die Couch mit den USA!
Eigensinn
Wenn der ungehorsame menschliche Auswurf der Kolonialisierungsphase (Robbenjäger, Walfänger, und anderes Strandgut des Imperialismus) an den Rändern der Ökumene nicht verreckt, endet er in der Imitation der Herkunftskultur, auf reduzierter Stufe.
Vorboten des kommenden Unheils sind diese wohlgeratenen Höllenhunde des Freiheitsmythos. Sie exekutieren unter erschwerten Bedingungen, was den Vielen zu Hause nur das tägliche Geschwätz ist.
Wenn es da je etwas Eigenes gab, ist es immer schon verraten an den Sinn.
Kritikaster
Kaum haben sie ihn in die Schmollecke gestellt, heißen sie ihn auch schon einen Störenfried.
Materialismus
Entweder man durchdenkt Materien nach ihren Gesetzen oder man hält sich eine Weltanschauung dieses Namens.
Die dritte Verwendungsweise, nämlich im beliebten Vorwurf von Halbwüchsigen gegen die Lebensweise ihre Eltern, zeugt nur von der Ahnungslosigkeit der Adoleszenz.
Gemeinhin legitimiert sich die Abweichung über ihre Selbstverpflichtung auf ein Ideal. Konstruktiver geht die Destruktivität überhaupt nicht.
So wünscht sich das Bürgertum seine Aufrührer: Theologiestudenten als die wahren Revolutionäre.
Arbeitsbegriff, volkswirtschaftlich
1. Eine verdient ihren Lebensunterhalt mit dem Auffinden eines Wega-Tores, mit dessen Hilfe sie lebensbehilfliche Kugeln energetisiert. Praktischerweise sind diese Tore ganz zufällig in ihrem Büro und ihrer Privatwohnung angetroffen worden.
2. „Wo lassen Sie Ihr Geld arbeiten?“
3. Die immaterielle Arbeit der Symbolanalytiker verkauft Lifestyle.
4. Eine vermietet ein paar Quadratzentimeter ihrer Schleimhäute.
..und ewig so weiter...
-So ein dogmatischer Volkswirtschaftler schickt eben Leute morgens um 9:00 Uhr in den Wald und lässt sie zum Zwecke der Wertschöpfung bis 5:00 Uhr nachmittags Kniebeugen machen, wenn sie denn in der Addition der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung als Posten auftauchen.
Fluch
Der Segen des Herrn macht reichlich Mühe.
Geschmack
Langsam findet auch die lange aus den Räuberbanden der kriegführenden Nationen ausgeschlossene Bund´srep´lik Geschmack am Krieg. Sagt das Fernsehprogramm, das dem im öffentlich rechtlichen Interesse Rechnung zu tragen hat.
Es soll der Geschmack an der Kleiderordnung des Klerus so mancher Wahl einer kirchlichen Karriere ein „ Berufung“ eingeflüstert haben.
Letztere Geschmacksverirrung schadet freilich nur dem modebewussten Kostümliebhaber.
Hochmut
Die Tugend der Fortbestandssicherung von gründlich Verängstigten.
Identität
Schau in deinen Reisepass, wenn du vergessen haben solltest, wer du bist.
Neben dieser Bestimmung des ihr Wesentlichen, das ja wohl dann auch in Erscheinung tritt, hält sich die Vorstellung einer Bestimmung, auf deren Suche das bürgerliche Individuum ist, weil es auf die „Quest(e)“ geschickt worden ist, um diesen Akt der Freiheit zu genießen und in Bildungsromanen breitzutreten.
Was mich betrifft:
Bin irgendeiner, an irgendeinem Tag, an irgendeinem Ort, und das Leben lächelt mich an, mit dieser verschämt lächelnden Miene einer Verrückten.
und Soutanen: Thomas Bernhards: Die Ursache. Eine Andeutung. Oder: die Liebe kann sich irren, der Hass nie.
Historie, in Erzählseln weitergegeben, kann, so Thomas Bernhard in seiner autobiographischen Schrift, immer nur verfälschte Historie sein.
Ein bekanntes Problem aller non-fiktionalen Literatur: "Wie man es erzählen kann, so ist es nicht gewesen" (Christa Wolf).
Und so hat auch der Leser der Ursache nichts anderes zu erwarten als Andeutungen über eine zwar gefälschte Historie, aber über eine erlebte, erlittene Geschichte: Bernhards Aufwachsen im
1) nationalsozialistischen Salzburg, das er als "architektonisch-erzbischöflich-stumpfsinnig-nationalsozialistisch-katholische[n]Todesboden" bezeichnet.
2) unterm ideologischen Drill: Mal angenommen, nur so zum Spaß, es hätte einen Grünkranz, einen Muster-SA-Offizier - sozusagen als Einsprengsel eines Zeitdokuments - tatsächlich gegeben. Warum hätte der Ich-Erzähler ihm wie den meisten, ihm gleichenden Personen, nicht feindlich gegenüberstehen sollen? Was ist so reizvoll an Eltern, die sich nicht um einen kümmern? Ein Sensibelchen, das doch tatsächlich glaubt, man habe einen Anspruch auf irgendwas? Vorsicht! Der ideologisch angeleitete Hass, der sich hier voller Verachtung auf die Seite der Verfolger stellt, ist der Revers des Bernhardschen lebensgeschichtlich akkumulierten Hasses. Und das ist irgendwo erkenntnisträchtig in beiden Richtungen...
3) und unter als ungerecht empfundenen Demütigungen im Internat: Grünkranz ohrfeigt den Internierten mehrmals grundlos , was den jugendlichen Schüler irritiert und verletzt. Diese Erlebnisse schüren Ängste in ihm und bringen ihn auf Suizidgedanken. Selbst als der Schüler die Laufdisziplin beim Sportfest gewinnt ist dies "dem Grünkranz eher ein Dorn im Auge" Vielleicht hat ja noch der verkorksteste anti-autoritäre Affekt doch ein fundamentum in re.
4) Salzburg als einer "totalen Vernichtungsmaschine", die Menschen nicht bloß so ein bissl im Wohlbefinden stört, sondern verstört und schließlich zerstört
Eine Serie von Verletzungen also, die auch in ihrer ästhetischen Dämonisierung noch die Genese eines zur Lebensaufgabe avancierten Hasses nachvollziehbar machen. Dieser Hass will vernichten und gerade seine Form des ohnmächtigen Schäumens ist die ästhetische Wahrheit über eine Empörung, der weder Hinterhältigkeit noch Tücke irgendetwas nützt. Was an dem Bernhard-Sound in den fiktionalen Texten so stört, nämlich der litaneienhafte methodisch zelebrierte Hochmut, hier ist er das stilistisch gerechtfertigte Vorzeigen schwärender Wunden.
Seinen Vater hat der Selbsterlebensgeschichtenerzähler nicht ein einziges Mal gesehen. Nur seine Großeltern, den „Elternersatz“, kritisiert er nicht. Weitere positive Bezugspersonen: ein körperlich behinderter Freund im Internat, der auch zu den ,,Schwächeren" gehört, und ein Geografieprofessor, der andauernd wegen seiner Hässlichkeit verspottet und gequält wird.
Merke: es gibt offenbar einen Mechanismus der Option, über den man sich als gestandener Rechter, nach dem dort empfohlenen Bewältigungsmuster lustig machen soll, oder auf den man als Linker rein fallen kann. Das ist als vorläufiges Zwischenergebnis so unverächtlich nicht. Normalerweise sind Autobiographien, die den Horizont der augenblicklich geltenden Moral an der eigenen erfolgreichen Person bebildern, nicht ganz so denkanstoßgebend zynisch.
Als gebildeter Universalist sage ich natürlich großzügig, wenn es überall kneift: „Ach, es hat ja doch überall etwas...“ Bin mir aber nicht ganz so sicher, dass das nicht die übliche Rede eines bereits Zerstörten ist.
Anti- Heimat-Literatur:
Heimat ist eine Ursache, die an einem wie Bärendreck klebt, man kriegt sie auch nach 20 Jahren in der Fremde nicht vom Herzen weg.
Nach dem Bombenkrieg, den Verbrechen, den Zerstörungen, den Toten, die es nie gegeben hat, werden die Vorbilder einfach ausgetauscht: Jesus ersetzt den Hitlerkult, "Großer Gott, wir loben Dich." "Es zittern die morschen Knochen": die Heilige Kommunion und die Predigt wanzen sich ersatzweise für das gemeinschaftliche Anhören der Nachrichten aus dem Führerhauptquartier an. Ein neuer Anstrich für das alte Miserere.
Die Geburt- eine Ursache: “Es gibt überhaupt keine Eltern, es gibt nur Verbrecher als Erzeuger von neuen Menschen.“
Skandalös,... schwer übertrieben,... muß man sich nicht antun, ....das schimpft, grantelt und nörgelt ein seinsvergessenes Privatissimum über eine versaute Kindheit in die Gegend.
Vorsicht! Gegend pflegt bei Sprechern dieser Observanz normalerweise Gelände zu heißen.
Die polarisierende Rede ist immer ein Indikator für den Mechanismus der Option.
Ich hätte gern einmal den unzensierten Originaltext gelesen. Aber auch so ist das Pamphlet eine meisterhafte Polemik. Oder ist Salzburg etwa nicht ein „totes und verlogenes Schönheitsmuseum“, das alljährlich anlässlich der Festspiele „Universalität heuchelt“?
Während sonst überall die Kenntnis eines Naturgesetzes die Möglichkeit seiner freien und nutzbringenden Anwendung nach sich zieht, wird in der Sekte der Ökologen die Unterwerfung unter eine Gesetzgeberin gefordert, deren Hoheitsgebiet man nur zum eigenen Schaden verlassen kann, (als ob das jemals irgendwem gelungen wäre).Das hört der Staat gerne.
Sosehr es wahr ist, dass die herzynischen Urwälder einen Großteil Europas bedeckten, und die von der Ökologie empfohlene Rückkehr zu Caravellen und zur Kerzenbeleuchtung von Quellwassertrinkern einen unleugbaren Fortschritt der Naturschützer bedeuten, so sehr empört die Erfindung eines natürlichen Gleichgewichts, an dem sich der Mensch versündigt habe, (als eine Sonntagspredigt über Bruder Baum und Schwester Wolke.) Die hört der Staat gerne.
Nicht dass der staatlich erlaubte, industrielle Umgang mit der profitabel ausgeschlachteten Natur nicht ruinös wäre: aber eine Schadensbegrenzungswissenschaft wie die Ökologie zieht staatsfromm das von allen gewusste Ende hinaus.
Das hört er nicht so gerne.
Standpunkt
Zwischen der Verteidigung eines Standpunkts und der Verfügung über einen Horizont liegt der Entschluß, alles denken zu wollen, auch auf die Gefahr hin nichts davon zu haben.
Am Standpunkt fällt seinen Inhabern nie dessen geringer Umfang gegenüber dem Horizont auf. Im Gegenteil: da sie ihn haben, erzählen sie sich und einander hämische Geschichten über Utopien und Tauben auf dem Dach, die man schon tief fallen gesehen hat.
Sicherheitspolitik
Die Sicherung von Wettbewerbschancen des deutschen Kapitals sichert immer mehr Kunden der Job-Center eine konkurrenzlose Chancenlosigkeit.
Die Sicherheit der Zukunft ist auch für die Handy-Produktion in Rumänien gesichert.
Die Sicherung der Sicherheit von Spitzenpolitikern sichert einer weiteren Anzahl von bodyguards mit Sicherheit ein sicheres Einkommen.
Das Steueraufkommen aus den Sicherheitsdienste anbietenden Firmen ist in den letzten Jahren um 100 % gestiegen.
Kognitive Dissonanz
Perlen, unter die Säue geworfen, zeitigen keineswegs bessere Koteletts.
Hostie
Wußten Sie eigentlich, dass der Verzehr dieses kümmerlichen Brotersatzes, der dem Christen als der Leib seines Herrn gilt, gar nicht unter Menschenfresserei fällt?
Aber auch die gegenteilige Vermutung, Christen seien eben eingefleischte Vegetarianer, ist unrichtig. Die Übersetzung von lat. Hostia lautet nämlich „Schlachtopfer, Opfertier.“
Spitzel
Die Ausgeburt der Interessenidentität von Gauner und Polizei. Siehe die beschlossene Kronzeugenregelung, die ab Januar 2008 in Kraft getreten ist.
Denkanstoß
Seit 1981 endlich wieder: Anstoß erregendes Denken.
ist das einzige Laster, das frei macht – frei in einer Wüste.
E. M. Ciorans "Vom Nachteil, geboren zu sein." oder: Digitalis, delikat dosiert, ist ein Stärkungsmittel
Man sollte diese und seine anderen Aphorismensammlungen nicht vor dem Einschlafen zu sich nehmen:
„Der Aphorismus? Ein Feuer ohne Flamme. Man versteht, dass niemand sich daran wärmen möchte.“
Dieses Scheitern ist gerade das Ehrenvolle aller Literatur, ganz gleich was sich das sozialpädagogische Engagement über die Fleischwerdung des Worts in die Tasche lügt. Harriet Beecher-Stowes „Onkel Toms Hütte“ hat jedenfalls nicht den Sezessionskrieg angezettelt, und Aubers „Stumme von Portici“ nicht das Opernpublikum zur belgischen Revolution aufgestachelt.
„Sobald man beginnt, zu wollen, fällt man unter die Gerichtsbarkeit des Dämons.“
Ja, nie wurde Wahreres vom Standpunkt der Hesychia so einfach formuliert. Aber ich verstehe mich mit meinem Dämon. Wir haben einen deal laufen. Sollte er vertragsbrüchig werden, zeige ich ihn an.
„Ich habe jenen Freund nie verstehen können, der, als er aus Lappland zurückkehrte, mir von jener Bedrücktheit sprach, die man empfinde, wenn man Tage und Tage hindurch nicht der geringsten Spur von Menschen begegne.“
Hätte nicht gedacht, dass das Feuer der flammenlosen Einsamkeit auf dem Papier so wärmend sein kann.
„Massakrierte Bäume. Häuser erheben sich. Schnauzen, Fratzen überall. Der Mensch wuchert. Der Mensch ist der Krebs der Erde.“
Ja, wir Manichäer, Bogomilen und Zoroasterkundigen verstehen uns! Komisch, dass mich das nicht hindert, dem Demiurgen jedes Mal in die Schnauze zu spucken, sobald er das Maul aufmacht.
„Wer zur Geilheit neigt, ist mitleidig und voller Erbarmen; die zur Reinheit neigen, sind es nicht"( hl. Johannes Klimakos) Niemand außer einem Heiligen konnte so deutlich und kräftig nicht die Lügen, sondern die Essenz der christlichen Moral und aller Moral anprangern.“Ach Emile, das werden sie dir hinreiben als ein Reueeingeständnis des ehemaligen Ideologen! Von der brav abgelieferten Misanthropenschelte abgesehen: das ist richtig.
„Wenn man über das Alter der Revolte hinaus ist und dennoch tobt, so kommt man sich selber vor wie ein vertrottelter Luzifer.“
Und da sage noch einer, Selbstironie mache keinen Spaß.
„Ich möchte zuweilen ein Kannibale sein, nicht um den oder jenen aufzufressen, sondern um ihn auszukotzen.“
An meine Brust, Herzensbruder! Selbst wenn das alles nur Attitüde und Koketterie gewesen sein sollte: Haltung ist kein Hindernis für richtige Auskünfte: „Mit Sarkasmus kann man nur seine Wunden, wenn nicht seinen Ekel verbergen.“
In meiner Galerie der finsteren Geister nimmt Cioran mit seinem Widerstand gegen die geistlos festgeklopfte Identität und für den Starrsinn der spirtituellen Beweglichkeit des Mystikers einen Ehrenplatz ein: „Niemals habe ich mich ausweisen können. Ein Identitätsloser, eine Randexistenz, ein ganz Nichtiger, der nur durch den Exzess, die Überfülle seiner Nichtigkeit existierte.“
Daneben sind bei diesem Ketzer auch handfeste Notate der üblichen, sonst unauffällig passierenden Gemeinheiten nachzulesen:
“ Auf dem Konzil von Florenz im Jahr 1441 wurde dekretiert, dass Heiden, Juden, Häretiker und Schismatiker keinen Anteil am ‚ewigen Leben’ haben würden und dass sie alle, falls sie sich nicht vor ihrem Tod zur wahren Religion bekehrten, stracks in die Hölle kämen.
Als die Kirche solche Ungeheuerlichkeiten proklamierte, war sie wirklich die Kirche. Eine Institution ist nur lebendig und stark, wenn sie alles verwirft, was nicht sie ist. Unglücklicherweise gilt das gleiche für eine Nation, für ein Regime.“
Zu den Arkana des Überlebens als Zersetzer von Faulendem weiß er beizusteuern:
„Ein ernsthafter, redlicher Geist versteht nichts von der Geschichte, kann nichts verstehen. Hingegen ist sie wunderbar geeignet, einen sardonischen Gelehrten zu entzücken.“
Auch so kann man seine Zunge vor der immer drohenden Lähmung retten.
,Geschichte des
Aufwiegeln, statt aufklären, dann der Verrat.
Die versprengten Reste davon wollen heute noch nicht zwischen einer Erklärung und einer moralischen Anmache unterscheiden können.
In den Ruinen der Zukunft hausen die Gespenster des Gestern.
Sprichwörter
Selbstbewusste Abhängigkeitserklärungen
Trivialliteratur
Versprechen und Sehnsucht: auf der Einlösung des einen zu bestehen, ist ihr verständliche Notdurft, und die andere leugnet permanent ihren Gang zum Urinoire.
Der Spießer weiß es genau: wir sind schon erlöst. Der Dissident ist also ein Querulant, der als degoutanter Zyniker rumpöbelt, dieses undankbare Stück von einem anmaßenden Provokateur!
Dem einen wohnt unter den Brücken die wohlgeordnete Armut, dem Wohlfühlpop schläft darunter der Freiheitsdurst.
Vernunftprediger
Es sind seit je her die Gewaltliebhaber, die immerzu Stimmung machen gegen die Vernunftprediger.
Popanz
Wenn ich unbedingt einen Pappkameraden brauche, dann nehme ich Mies-anthrop doch einen, den ich langen Zusammenlebens halber ausgezeichnet kenne: mich.
Als Gesprächspartner bin ich solus mir ipse unübertroffen überlegen.
Zeitung
Blattmacher- Plattmacher.
Heute Nacht erschien mir im Traum Karl Kraus:“ Was ist schon das Abholzen der Regenwälder zum Zweck der Zellulosegewinnung gegen das Grauen, das man daraus macht: bedrucktes Zeitungspapier.“
Mit dem merkwürdigen, nur in Träumen vorkommenden Gefühl der Klarheit erwachte ich in eine anhaltende Verwirrtheit hinein.
Aber natürlich darf man Journalisten trauen – auch dieser Berufsstand muss heiraten dürfen.