Freitag, 10. Oktober 2008

Abgrundsrhetorik


Natürlich ist für die auch sonst herumgeschubsten und gebeutelten Leute die derzeit abgewickelte Finanzkrise, die demnächst in die Wirtschaftskrise übergeht, ein Massenverarmungsprogramm von der wirklich weh tuenden Sorte.
Da wir aber verantwortungsvoll, vernetzt, multifunktional und gerecht denken wollen, ist es auch die Stunde der Volksredner, denen das Elend zum Anlass für schwungvolle Predigten zum Schüren und Warmhalten allen möglichen Aberglaubens wird!
Flankiert von den Gesundbetern der Wirtschaftsexperten!

Aber es steht bei solch allseitigem, heißem Bemühen um das kulturelle Zelebrieren des Unausweichlichen nicht zu erwarten, dass irgendwo auch nur der Eindruck von Realitätssinn aufkommen werde.

Vorbildlich im gemeinten Sinne:
Die einzige solide Realität ist Gottes Wort.“ (Papst Benedikt XVI. zur globalen Finanzmarktkrise, am Montag in Rom)

Panik
kommt beim Beobachter auf, hört er den Ruf nach Visionären.

Wettbewerb

Im Munde des Politikers eine euphemistische Metapher aus dem Bereich sportlicher Leistungsmessung für die Entscheidung nicht aus Gründen des verallgemeinerbaren Interesses, sondern durch das lautere Gebrüll dessen, der sein eigenes Geschäft beleben will.
Bei sich selber mögen die Politiker das aber gar nicht.

Da heißt das dann Führungskrise.

Donnerstag, 9. Oktober 2008

Glaubensressource

"Jedes Bedürfnis, dessen wirkliche Befriedigung versagt ist, nötigt zum Glauben." (Goethe: „Wahlverwandtschaften“ und eben nicht Marx.)
Eingedenk dessen haben die Südseemissionare angesichts ihrer Misserfolge beim Bekehren der Insulaner einen Kahlschlag unter dem Geschenk der Natur, den Brotfruchtbäumen, angerichtet.
Und die den karrenziehenden Eseln unerreichbar vor die Nase gehaltene Karotte gibt es nicht nur in der Fabelwelt.

Verständnisinnig
Der Verständnisinnige schlürft dem Hartz—Vier-Empfänger die Tränen vom Antlitz.

Mittwoch, 8. Oktober 2008

Funktionalisierung der Moral

Seit geraumer Weile geistert ein Hilferuf durchs Internet.
Knochenmarkspender Blutgruppe AB Rhesusfaktor negativ gesucht!
Wenn ihr nicht helfen könnt, Bitte weitersenden! !Wer hat diese Blutgruppe? Wegen Leukämieerkrankung dringend gesucht. Selber wäre man auch froh wenn's weitergeleitet werden würde...DRINGEND!!!!!! ! usw.

Das ist ein Schneeballsystem zur Lahmlegung aller Server. Medizinisch ist das der komplette Unsinn.
Respekt aber vor dem Erfinder. Auf nichts fallen die Leute leichter und lieber rein als auf ihr gutes Herz. Zumal dann, wenn es ja gar nicht wirklich an die Front oder den eigenen Geldbeutel geht.

Moralwirtschaft
Wer nichts annimmt, kann auch nicht geben.
Also nehmt gefälligst einen Kredit auf.

Dienstag, 7. Oktober 2008

Alptraum, unklimatisiert


Selbst jetzt, wo das Erpressungsverhältnis zwischen Kapital und seinem politischen Ausschuss, dem Staat, offen auf der Hand liegt (bürgen, zahlen, Geldruckmaschinen anleiern zum Zwecke des Systemerhalts), hält jedermann die Theorie, dass das Kapital ein automatisches Subjekt ist, für eine amoralische Verranntheit.

Lieber schimpft man medienweit auf die Gier und Unverantwortlichkeit der Banker, und lässt sich eine sachkundige Regelung durch die Politiker (von Experten wie Attac und Anne Will) einreden.
Meine Prognose: selbst wenn demnächst die verpufften Milliarden sich auf den Inhalt des bereits der Bank gehörenden, eigenheimischen Kühlschranks auswirken, wird nur nach den bestallten und den selbsternannten Staatsanwälten und den Päpsten gerufen werden.

Tag der deutschen Einheit
Die deutsche Wiedervereinigung ist laut Merkel eine Erfolgsgeschichte.
Woran man das merkelt?
An ihr selbst, an der Wohltat ihrer Person für uns alle, sagt sie. ("Dass jemand wie ich, Frau aus der ehemaligen DDR, dem wiedervereinten Deutschland als Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland dienen darf,...“)

Gut gegeben, denn sie ist schließlich kein antagonistisches Gesellschaftssystem, wo man zum allgemeinen Wohle auf Kosten der anderen zu leben pflegt, und das immer noch besser ist als alles andere Verbotene.
Wer gar zu viel bedenkt, wird wenig leisten.“ (Schiller) „Nicht fragen, was nicht geht, sondern fragen, was geht.“ (Merkel)
Lieber leistet der Gefolgsmann solcher Weisheiten sich entweder einen blinden Aktionismus oder jenen mehrwertschöpfenden Fleiß, der das Leben von Tag zu Tag minderwertiger macht.

Bodyguard
Weil die Gewalthaber sehr wohl wissen, was sie den Leuten antun, und sich aus gutem Grund nicht auf das Funktionieren der Liebesbotschaft und anderer Neutralisierungstechniken zur Loyalitätsbeschaffung verlassen wollen, sieht man sie beim Bad in der Menge von kräftig gebauten Herren mit schnell herumzuckenden Augen umringt.

Montag, 6. Oktober 2008

Kreislauf der Natur

In Wall Street fall´ n der Aktien Blätter.
Donnerwetter!
Der Senat macht se wieder dran.
Na sieh mal einer an.

Erich H., ein anonymer Beiträger, zur Weltlage
Unter der bewährten Führung des Vorsitzenden des Zentralkomitees und der SRP (Sozialistische Republikanische Partei), Genosse Bush, ist es gelungen, einen bedeutenden Sieg über den seit langem verhassten Kapitalismus mit seiner freien Marktwirtschaft zu erringen.
Erfolgreich wurde die Verstaatlichung der Banken und Versicherungen auf den Weg gebracht und in Kürze rechnet man mit der Gründung der (Volks Eigenen Betriebe) VEB Ford, VEB Chrysler und VEB General Motors.
Im Inland wacht die um - aus dem Irak zurückgerufene - Militäreinheiten verstärkte (VP) Volkspolizei, in der auch unsere schwarzen US- Bürger eine Chance bekommen, am Aufbau des Sozialismus aktiv mitzuwirken.
Also Genossen, ich habe es euch immer schon gesagt, den Sozialismus in seinem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf.

Ackermanns Canossa
Der Banker vor der Staatsmacht kriecht.
Der Sssozzjalismus hat jesiegt!

Verschwinden des Menschen
Eine kulturkritische Floskel, die schon in Saul Bellows frühem Roman »Herzog« verdeutlichte, dass man kein allzu feines Gespür für die Bruchstellen der amerikanischen Gesellschaft zu haben braucht.
»Das Leben eines jeden Staatsbürgers wird zum Geschäftsbetrieb«, wettert die fiktive Menschfigur Herzog in einem Brief an den US-Präsidenten gegen den American Way of Life – und verlangt eine Umbesinnung: »Das menschliche Leben ist kein Geschäft.«
Ooooh doch!
Aber man kann das natürlich auch elegant umdénken, indem man das „gar net ignoriert“.

Auch für die Intellektuellen gilt: Das größte Glück für die Herrschenden ist die Dummheit der Beherrschten.

Sonntag, 5. Oktober 2008

Bergwandern auf Sardinien

vom 16./17. bis 30.9.2008
Erlebnisreiche, teilweise alpine Bergwanderungen in einer durch Kahlschlag ehemaliger Steineichenwälder entblößten, oft bizarren Karst- und Felsenlandschaft

Teilnehmer:

Christian als Tourenmeister, promovierter Taxifahrer und Mundschenk
Werner als Erster und überhaupt Hoffotograf und Waschfrauerich
HaWi als Fixkoch und Spülmann
Doris als Abtrocknerin und Wächterin über den Verfall der Tischsitten

Dienstag, 16.9.2008
Später, dafür aber preiswerter Abflug von Fraport um 19:00 Uhr nach Olbia / Costa Smeralda.
Mit Leihwagen weiter bis Dorgali und mit den Wirtsleuten Ignazio und Tonia Boeddu 10 km weiter zum schnuckeligen Häuschen in Alleinlage im Oddeone-Tal, das uns eine von Doris auf den Namen Mimi getaufte Katze gegen eine Katzenfutter-Apanage großzügig bewohnen ließ.
Wir sind früh ins Bett gekommen, will heißen, zu früher Morgenstunde.

Mittwoch, 17.9.2008
Mit Auto zur Küste bis Cala Gonone.
Weiter mit Touristenschiff an der Steilküste mit tiefen Brandungsgrotten vorbei bis Cala de Luna. Über knorrigen, teilweise aussichtsreichen Weg zurück.
3:30 Stunden, 300 m + / -

Donnerstag, 18.9.2008
Über kurvenreiche Bergstraße in eine der eindrucksvollsten Gebirgsstrecken Sardiniens. Hinter Baunei auf Stichstraße hinunter zur markanten Felsnadel des Küstenfelsens Perda Longa und weiter bis Santa Maria Navarrese. Von dort zurück mit Linienbus bis Baunei und Abstieg über Erschließungswege zum sympathischen Badeort Santa Maria Navarrese.
Mit Erschließungswegen sind diese grauslig an Baustellenauffahrten erinnernden Zufahrten zu Müllhalden u. a. zivilisatorischen Einrichtungen gemeint.
Hier machen wir mal eine nachdenkliche Pause.

Und gleich noch eine wegen des weiß gekalkten Kirchleins am großen, zentralen Rasenplatz, das von einer Tochter des Königs von Navarra zum Dank für ihre Errettung aus der Gefangenschaft sarazenischer Seeräuber errichtet wurde.
Es war zu.
Geschlossen.
Verrammelt.
Also nix mit uralter Holzdecke und - mehr allgemein - Kultur.
Kultur, dächte man, ist ein Für – Alle. Während sonst überall der Ausschluss aller anderen von meinem Eigentum das Grundgesetz ausmacht, soll in culturibus die Gemeinsamkeit der für alle zugänglichen, gleichen Zwecke kennzeichnend sein.
Gott für alle, die zu erraffende Nutzung der Welt für mich.
Dieser hegemoniale Kulturbegriff der durch nichts geteilten Teilhabe gilt also auch hier schon nicht mehr.
Wird schon seine Gründe haben.
Wollte es nur mal so am Rande erwähnen.
3:30 Stunden, 170 + / 650 –

Freitag, 19.9.2008
Mit Vermietern gut 2 Stunden Trauben gelesen und dann gemeinsam fürstlich gespeist:
Ø zarte, hauchdünne, an Crepes erinnernde Papierbrotfladen,
Ø an Eierpfannenkuchen erinnerndes lockeres Kartoffelbrot,
Ø dazu Artischocken, Bohnen, Speck und Salami,
Ø gefolgt von Nudeln mit Tomate und Parmesan,
Ø als Hauptgang ein Zicklein
Ø und zur Abrundung Käse vom Schaf, leicht ins Kristalline spielend,
Ø Espresso, Wein, Schnaps (Myrto und Grappa) und Bier verstehen sich von selbst.
Da wir gerade bei Kultur sind: Diese schleichend in fröhliche Völlerei übergehende Beköstigung des herbeigeeilten Lesekollektivs ist ebenfalls Kultur.
Allerdings eine, von der man etwas hat, die Partizipation also nicht erkauft ist durch Unterwerfung unter einen ideellen Herren, den man sich selber aussuchen darf.
Die antike Vorstellung vom "guten Leben" (Ethik) ist hier noch lebendige Tradition. Nicht alles an der Überlieferung ist schlecht.
Später noch 2 x 1 Stunde Talspaziergang bis zur weggerissenen Brücke.
Beim Fußbad der Doris Strumpf von Wind entführt. Heftig und erfolglos gesucht.

Samstag, 20.9.2008
Morgens in den Ort (Dorgali) gefahren, allwo es eine Piazza für die Caduti sul lavoro gibt (Platz der Gefallenen der Arbeit). Gefallene in der Arbeitsschlacht sind nun mal keine toten Helden. Drum wohnt da herum auch kein Chef.
Mittags Talwanderung zur Gola su Gorroppu. Auf dem Hinweg hat Christian den verlorenen Strumpf nahe der Verluststelle scharfäugig entdeckt.
Durch Unwetter vor 3 Jahren war in der Schlucht alles Kiesmaterial weggespült worden, so dass der Grund der fast 500 m tiefen Schlucht weithin nur noch aus gigantischem rundgeschliffenen Blockwerk bestand. Deshalb sehr erschwertes Eindringen über eine nur kurze Distanz.
3:00 Stunden, 200m + / -
Die Katze, die „dumme Sau“ beißt Christian in den großen Zeh. Angeblich hat der sie unwissentlich und unwillentlich auf den Schwanz getreten. Alles Ausreden!

Sonntag, 21.9.2008
Mit Auto zu den sardischen Dolomiten bis zum Startpunkt am Bergrestaurant Monte Maccione (698m) oberhalb Oliena. Über zunächst gute, später grobe Piste bis zum Sattel Scale E Pradu. Dort wurde gerade eine Pferdemesse zelebriert! Weiter über leichten Karrenfels zur Punta Sos Nidos (1348m) und auf gleichem Weg zurück.
4:00 Stunden 650 + / -

Montag, 22.9.2008
Lange Anfahrt über Nuoro und Fonni zu den Monti de Gennargentu. In der Trasse eines verkommenen ehemaligen (?) Schilifts weglos zur Kammhöhe. Ab dort langer, an die Vogesen erinnernder Panoramaweg ohne größere Höhenunterschiede zum Gipfel Punta La Marmora (1834m). Vor dem Gipfel noch zwei harmlose Blockwerkfelder. Zurück über guten Hangweg bis etwa Starthöhe, jedoch anderer, ebenso wegloser Abstieg zum Auto.
4:30 Stunden, 600 + / -
Auf der Rückfahrt Besichtigung des durch zeitkritische Wandmalereien bekannt gewordenen Orgosolo.
Hier machen wir wieder eine nachdenkliche Pause.

Auch dies ist Kultur.
Nämlich die des Einspruch erhebenden Knechts, nicht die des Herrn.
Vorbilder dieser murales waren die Revolutionsbilder in Mexiko, Chile und anderen lateinamerikanischen Ländern.
Ein sehr spezielles zeigt die Büste des früheren deutschen Bundeskanzler Helmut Schmidt als im ursächlichen Zusammenhang mit den Stammheim-„Selbstmorden“ von 1977 stehenden „Verteidiger der Demokratie und der abendländischen Kultur“. Die Position der Irmgard Möller, die als einzige Überlebende ein ganzes Buch über die Todesnacht von Stammheim geschrieben hat, findet hier ein Denkmal.
Dagegen sind die illustrierten Sprüche von Bertold Brecht geradezu harmlos:
Als der letzte Krieg vorüber war, gab es Sieger und Besiegte.
Bei den Besiegten das niedere Volk hungerte.
Bei den Siegern hungerte das niedere Volk auch.

Merke: Armut ist keine Schande. Aber Reichtum selbstverständlich ein Verdienst.

Dienstag, 23.9.2008
Leichtes Regenwetter mit Bergen in Wolken, deshalb Kulturtag. Tropfsteincaverne Grotta de Ispinigoli, alsdann Ausflugsgebiet "Blautopf"-Quelle Gologone, Gigantengrab Ena e Tomes und antikes Nuragendorf Serra Orios
Höhenmeter keine, dafür aber hohe Eintrittspreise.

Mittwoch, 24.9.2008
Noch trübes Wetter. An einem antik anmutenden Marmorbruch vorbei nach Orosei mit kurzem Stadtbummel, durch Verfahren zu weit geraten bis Capo Camono mit Spaziergang auf teils waldigem Küstenweg, dann doch noch das eigentliche Ziel, den Parco Naturale di Bidderosa (Cala Ginepro) gefunden.
Spaziergang an Sand- und Blockwerkküste.
Rückfahrt über den malerischen Ort Galtelli mit Ortsbummel. Der dortige "Parco Deleddiano", erinnert mit Zitaten aus ihrem nobelpreisgekrönten, naturalistischen Werk an die sardische Literaturpreisträgerin Grazia Deledda und die Härten des sardischen Landlebens.
Im Sardischen heißt dieser Ort Garteddi.
Alle Ortsnamen gibt es zwei Mal.
Und die italienische Variante ist oft von den sardischen "Banditen" mit schwarzem Spray verstümmelt. Diesen nicht ganz kolonisierten Banditen ist es doch tatsächlich gelungen, geplante NATO-Flug- und Truppenübungsplätze, sowie die Nutzung Sardiniens als Endlager für radioaktiven Endmüll zu verhindern.
Alles, was auch nur entfernt an staatliche Symbolik erinnert, wird tendenziell ebenso systematisch wie ohnmächtig vandalisiert

Donnerstag, 25.9.2008
Mit Auto zur Passhöhe Genna Groce oberhalb Urzulei. Zunächst über in Fels gehauene Erschließungsstraße und dann große Runde über Supramonte-Hochebene mit kurzem weglosen Abschnitt. Abstecher in Schlucht Codula de sa Mela zum Steinesammeln. Hier fanden wir mitten in der unberührten Wildnis einen merkwürdigen Aluminiumfetzen mit Nietenreihen und zwei an Scheinwerfer erinnernde Löcher, wohl ein Stück Flugzeug.
4:30 Stunden, 250 + / -

Im Café auf der Passhöhe lesen wir, dass ein 28 jähriger Schafzüchter per Gewehrschuss aus der Welt geräumt wurde. Diese Akte einer Selbstjustiz sind in Sardinien offenbar immer dann die Regel, wenn es dem Arm des Gerechtigkeit herstellenden Staates zu wiederholten Malen nicht gelungen ist, den Missetäter zu belangen. Dann tut so einer ganz versehentlich einen unvermutet tiefen Fall, oder läuft in ziellos herumfliegende Projektile usw.
Im vorliegenden Falle musste der Fiesling damit rechnen, denn er hatte einen versuchten Vergewaltigungsversuch und anderes Gemeinschaftsstörendes auf dem Kerbholz.

Freitag, 26.9.2008
Ab Häuschen zur Nuraghen-Doline am Tiscali. Unsere liebe Familienkatze Mimi ist mitgelaufen und an Wasserfurt jämmerlich klagend zurückgeblieben.
Abends war die Katze, diese "dumme Sau", immer noch nicht zurück. Große Traurigkeit bei denen, die nicht Christian heißen... Und dann war plötzlich unser Glück miauend vor der Tür, kredenzte eine zur Strecke gebrachte Maus, und knurpselte und knusperte die dann gut hörbar vor der Tür zusammen.
5:00 Stunden, 400 + / -

Samstag, 27.9.2008
Abenteuerliche Königstour in den Montes Albo.
Start kurz hinter Lula (Parkplatz rechts zwischen km 19 und 20).Nach Anmarsch über Piste und Maultierweg abenteuerlicher, absolut wegloser Fels-Aufstieg über 400 Höhenmeter zur Punta Catirina (1127m). Abstieg auf der Gegenseite relativ problemlos. Der in unserem angejahrten Führer enthaltene, schon fast kriminelle Anstieg ist in neueren Auflagen herausgenommen und durch einen leichteren Umweg ersetzt worden. Wir waren nach bestandenem Abenteuer richtig stolz auf uns. Rückfahrt über das malerisch gelegne Bitti.
5:00 Stunden, 580 + / -

Sonntag, 28.9.2008
Über Baunei zur Hochebene Su Golgo mit schachtartiger, über 200 m tiefer Doline von nur ca. 35 m Durchmesser.
Ganz nebenher an defektem VW-Bus perfekte Diagnose gestellt – Verteilerfinger kaputt. Abstieg zur Cala Goloritze.
Wegen rauer See und recht felsiger, grobkiesiger Bucht Baden nicht möglich gewesen. Viele Kletterer an Felsnadeln mit flatternden Hosen im stürmischen Element.
3:30 Stunden, 550 + / -
Die Katze hat doch wieder ihren Fuß heimlich von hinten unter den von Christian gesteckt. Tat dann schwer beleidigt und guckte vorwurfsvoll: "Das geschieht euch ganz recht, dass es mir so schlecht geht!"

Montag, 29.9.2008
In Galtelli ein sogenannntes "Domus de Janas" näher zur Kenntnis genommen. Als "Häuser der Feen" (in den Fels gehauene Nekropolen) wird diese Gattung Felsgräber auf Sardinien bezeichnet, von denen es mehr als 1000 gibt. An die tatsächliche Funktion dieser Sammelgräber erinnert nichts mehr an diesem poetischen Euphemismus.
Ab Galtelli langer Marsch über inzwischen voll asphaltierten Panoramaweg bis zum Naturbogen "Sa Preta Istampata" in 570 m Höhe. Aus Zeitgründen Gipfel des Tuttavista ausgelassen und erfolgreich zum Baden in der Cala Liberotto gewesen.

Dienstag, 30.9.2008
Ein ordentlicher Arsch voll Fahrerei zunächst zum Bärenfelsen von Palau. Fotografisch furchtbar versaut durch Laternen, Flatterbänder und Papierkörbe.
Touristisch also voll erschlossen, bis auf die fehlenden Toiletten, die durch kostenlose Benutzung der Landschaft drum herum ersetzt werden.
Weiter zur bizarren, zyklopischen Granit-Felsenlandschaft von Capo Testa, die Salvador Dalí gemalt haben könnte, mit Blick nach Korsika.
Auf Rückfahrt zum Flugplatz nach Olbia kleiner Abstecher zur Costa Smeralda.
Im Flughafen zieht sich Christian erwartungsgemäß vorübergehend in Feltrinnellis Buchoase zurück.
Guckt sich die Kultur des Herrn kurz mal an. Das ist eine, wo der Herr sich selber feiert: "Wir von Porto Rotondo" heißt so ein Buch mit ganz wenig Text und ganz vielen Erinnerungs- Fotos von Berlusconi bis Lollobrigida in von Bettenburgen freigehaltener Yachtlandschaft.
Die bescheidene Bleibe (mit 27 Zimmern) des Politgangsters Berlusconi steht auf einem Gelände so groß wie der Vatikanstaat, weist diverse Swimmingpools, künstliche Kaskaden und ein Amphitheater nach antikem Vorbild auf. Kulturinteressierte können sich also nach Entrichtung eines nicht all zu klein geratenen Obolus davon unterrichten, was sie sich alles nicht leisten können. Der Normalverbraucher hält sich zur Pflege dieses Kulturbegriffs seine Auto-Bild-Zeitung.
Viel nutzloses Grün an der smaragdgrünen Küste. Ich meine Golfplätze.
Lieblingsgetränk beim heurigen Billionärsclubtreffen: Champagner der Marke Louis Roederer Cristal Mathusalem zum Preis von 32.000 Euro die Flasche. Ein Russe bestellte mal eine davon und schenkte sie dem Kellner.

Rückflug pünktlich um 21:55 Uhr, gelandet ca. 23:30.

Ab sofort grausliges tempo tedesco

Freitag, 3. Oktober 2008

Schweden

vom 31. August - 14. September 2008 –
Birkengelb und Himmelblau oder Pissing around in Norrland.

31. August: Flug nach Göteborg
Vom felsigen, rundgeschliffenen Hügel der Masthuggekirche hinter dem Vandrarhem Aussicht nach allen Seiten: vor allem auf den Sonnenuntergang, in den auch die windzerzauste Bronze-Figur auf der Säule am Sjöfartsmuseet blickt.

1. September: Fahrt nach Funäsdalen
Morgens Treffen am Fähranleger mit den anderen Gruppenmitgliedern, die mit der Stena-Line von Kiel ankommen. 675 km nach Norden, und nicht ein einziger von den 9 Millionen Elchen zu sehen.
Die müssen gehört haben, dass die Jagdsaison eröffnet ist.

2. September: Einkaufen und Hausbergbesteigung.
Regenerieren, Einkaufen und erste Wanderung in einem wundersamen Gebiet.
In Norwegen geht das ganz anders zur Sache. Hier sind die Berge wie sanftrückige Tiere und mehr vereinzelt, nicht so dichtgedrängt.

3. September: Von Ljungdalen zur Helagshütte.
Nach dem Kleinbustransfer 12 km bis zur Hütte.
Das liest sich wie etwas, das die Katze auf dem Schwanz wegträgt.
Ist aber fast schon Wildnis. Und da heißt es die Beine um herum und über die Felsbrocken tragen.
Kommt hinzu:
Regen rinnt auf Holzterrassen,
Regen fällt in großen Tropfen.
Und er klingelt in den Tassen,
die an unsren Gürteln baumeln.

Regen fällt auf Urwaldstümpfe
Perlt an Pilzen, Moosen, Flechten.
Worte fallen in die Sümpfe.
Stiefel schmatzen drüber hin.


Auf den bleiern, trägen Seen
Schwellen Tropfen tausend Kreise,
die im Lauf einander brechen
In der altbekannten Weise.

Duldsam ducken sich die Dinge,
Denn Geduld kennt keinen Meister.
Unterm Lauf der Jahresringe
Bricht Natur jedwede Schuld.


3. September: Helagsfjällgletscher und Besteigung des Helags.
Zu Schwedens südlichstem Gletscher. Eigentlich bloß 800 Höhenmeter (1797 m), aber wegen der lang sich hinziehenden Form der Berge hier viel Strecke. Ab 600 Metern dann schwer zu gehendes, reines Blockwerk bis zur Gipfel. Da sind die Felsbrocken mit Schnee und Eiskristallen in Zapfenform verziert. Schöner
Blick auf den Predigtstolen (1682 m ü. NN).
Verstauche mir leicht den rechten Fuß.

4. September: Zur Fältjägarenhütte.
Siehe oben das Gedichtähnliche über den Regen.

Und keine Leute nirgends.
Dieses Härjedalen ist noch dünner besiedelt als Lappland. Auf einen Quadratkilometer kommt ein Einwohner, der aber immerzu ganz wo anders sich zusammenklumpt. Zum Vergleich: Niederlande 365 Drängler auf den Kilometer im Quadrat.

5. September: Nach Ramundberget und Transfer zurück zur Hütte.
Also dieses Fjällwandern hat was, das mir sehr gut tut.
Keine überflüssigen Gedanken.
Es sind diese lichten Birken- ,Kiefern- und Fichtengruppierungen, die Farben des Herbstes, das vitalisierende Klima, die elegant dahintrabenden Rentiere mit dem sanften Schwung des Gehörns, in das sich die Seen zu schmiegen scheinen...

Birkenfjäll wie lichte Träume
Und das Blau des Himmels drüber.
Spiegelung: Blau-Gold der Räume
In dem Teich des Birkenwäldchens.

In dem Teich des Birkenwäldchens
Spiegelt sich das Gold der Bäume.
Spring´ ins Blau des Himmels drüber
Und zerstört sind deine Träume.


7. September: Ausflug nach Flatruet über eine Samisiedlung

Ljungdalen liegt abseits großer Touristenrouten und ist mit dem Auto nur über zwei Schotterpisten erreichbar. Aus südlicher Richtung von Funäsdalen (Reichsstraße 84) auf der Straße Nr. 531 über die Hochfläche „Flatruet“. Die Flatruet erreicht am höchsten Punkt 975 ü. NN, ist damit Schwedens höchstgelegene Straße.
Weitschweifender Blick.
So ganz anders als in „enger Häuser Mauern“.

Die Samisiedlung mit Kohten und Kunstgewerblichem an einem munter plätschernden Flüsschen gibt Einblick in die Kultur dieser Nomaden, die keiner von uns so weit südlich vermutet hätte.

Damit ich nicht vergesse, was Christenverfolgung bedeutet, habe ich mir ihre Auffassung durch einen Maler der Sami (als Postkarte) gekauft. Man sieht darauf in Reih und Glied angetretene, kleinwüchsige Sami in eisiger Landschaft. Ein gewaltiger Hüne im schwarzen Priesterrock haut einen kleinen Sami unangespitzt in den Boden mit Hilfe eines gewaltigen Buchs, auf dem ein Kreuz prangt.
Erinnert mich an die vom Gürtel der Missionare baumelnden Köpfe nicht bekehrungswilliger Island-Häuptlinge.

Im südöstlichen Teil von Flatruet (bei Ruändan, Messlingen) kann man sich die 4.000-5.000 Jahre alten Felsmalereien ansehen. Eiszeitliche Wandmalereien der dem Eis und den Renen nachziehenden Jägerstämme, eine Zwergsaiblingspopulation von ca. 15 Exemplaren, die es nur hier gibt. Müssen mit den zurückweichenden Gletschern in die Berge gestiegen sein.
Ein weiteres beeindruckendes und erstaunliches Produkt der Natur ist der tiefe Evagraben, der vor ca. 9.000 Jahren durch das Abschmelzen des Inlandeises entstand. Die Sage berichtet, dass das Tal seinen Namen von einer Samin namens Eva erhielt, die mitsamt Schlitten und Rentier die Felswand hinunterstürzte.

8. September
Transfer nach Ramundberget. Tageswanderung übers Fjäll nach Tänndalen (20 km).

9. September:
Von Tänndalen zur Skedbrostugan (21 km)
Ein sonniger Tag auf der Heide.

10. Zur Rogen-Stugan
Durch die Wildnis.

Abends steigen schräge Strahlen
In die Wolken aus den Seen.
Wind singt müd´ in all dem Kahlen.
So sei einst uns das Vergehen.

Vor dem Fall des Blaubeerlaubs
glimmt es auf in gelb und rot.
Letztes Glühen aus den Wolken
zaubert Licht auf See und Boot.


Lichtreflex ist Widerhall.
Heide wurzelt. Wolken wandern.
Hier das Licht auf See und Boot.
Drüben warten schon die andern.


11. September
Nach Tännes in sss-teifffer Brise mit hoher Luftfeuchtigkeit.

12. September:
Zur freien Verfügung in Funäsdalen. Morgens das Freilichtmuseum in Ljusedalen. Nachmittags das Fjällmuseum.
Hier ein hübscher link zu Sehenswertem:
http://www.natuurfoto.net/cpg/thumbnails.php?album=262
Ideelle Begegnung mit dem Illustrator Björn Berg und dem Skulptor Emil Näs. Man gewinnt bei ihnen die Überzeugung, dass die einfachen Dinge die eigentlich wichtigen sind.

Letzter Tag, letzte Stunden.
Morgen ist die Fahrt vorbei.
Nachts hörst du des Holzes Seufzen.
Strandgrell schallt der Möwe Schrei.

Gehe nachts vorm frühen Nebel
horte Licht in Bein und Armen.
Lass zurück, was dich verstört...
Morgen erst dann die Gendarmen.


13. September
Die verdammt langen 675 Km aus dem Herbst in den Spätsommer.
Immer noch kein Elch, kein überflüssiger Gedanke.

14. September
Vagabundieren durch Göteborg.
Ein riesiges Hochhaus zieht dort drüben gemächlich durch die Gegend: die Fähre.
An der Kungsportavenyn die mehrfach überlebensgroße Skulptur eines Bronze-Revolvers, dessen Lauf sauber zugeknotet ist mit ihm/sich selbst.
Die größte aller Sehenswürdigkeiten ist doch die Welt.
Reisen scheint die einzige Form der Hingabe, derer ich fähig bin. Die Reise -Welt will nichts von mir. Also gebe ich ihr alles.
Am späten Nachmittag der Heimflug. Der Nachbar rechts liest in Memoiren:
All diese Traumbilder von Vaterland, Freiheit, Ehre, Glück und Stolz, die so manchen hervorragenden Mann zu großen und noblen Taten inspiriert haben, sind in Wahrheit nichts anderes als Tagträume.“
Das stammt also nicht von mir, obwohl die Schreiberin das bei mir abgekupfert haben muss, vor ungefähr 350 Jahren. Eine Königin namens Christine von Schweden, der seltene Fall eines weiblichen Freigeistes, tönt so.
Ich liebe dich, Christine. Wo hast du so lange gesteckt?

Freitag, 29. August 2008

Personalisierung

Jeden Tag wird eine andere Sau durchs Dorf gehetzt. Heute Monsanto, morgen eine andere Adresse, auf die man böse sein soll.
Das Schöne an dieser Betrachtungsweise: wenn diese Säue der öffentlichen Missbilligung vorgeworfen werden, ist das tatsächliche Problem aus´ m Schneider. Dann liegt es an der miesen Lobby, nicht an der Atomindustrie...Es gibt keine Ruinierung von Mensch und Umwelt, es gibt nur Monsanto und Nestle, usw.....
Personalisierung: der Mensch im Mittelpunkt ist immer der Un -Mensch.

Prollig
Das Proletariat gibt es nicht.
Aber das historisch gebildete Feinbein sichtet immer noch obsolete Unterschichtmanieren, und ahndet deren Verstöße gegen den guten Geschmack, wenn Kritiker sich aufführen tun wie polternde Prolls, eben prollig.
Das kommt mir ganz schön bourgeois vor.

Einbildung
Einer bildet sich in die vorgefunden Verhältnisse ein.
Das Resultat: dieser Eingebildete bildet sich doch tatsächlich ein, er müsste die Einbildung befördern, der von ihm mit Bravour erledigte Hochseilakt der Normalität sei die reine Natur.

Hallo da draussen,
ich bin jetzt mal einen Monat weg (Schweden, Sardinien). Im Oktober gibt es dann wieder was zu lesen.
Und dass mir in meiner Abwesenheit keiner irgendwelches unqualifizierte Geschimpfe loslässt, das ich ja dann nicht löschen kann!

Koprophagie

Hunde fressen Scheiße.
Die müssen das, weil ihr Verdauungssystem das braucht, was im Haufen drin ist.
Wenn ich gegen den bürgerlichen Scheißhaufen und seine Anhänger meine „Überlegt´ s euch, Leute“ losschicke, heißt das nicht, dass ich mich davon ausgenommen wüsste.
Bloß das unüberwindliche Hindernis meiner Identifikationsschwäche, der krude Fakt, dass mir das einfach nicht schmecken will, unterscheidet mich von den *+*++***

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