Donnerstag, 28. August 2008

„Kanzlerinnendarstellerin“


Diese Merkelkritik des Spiegel online irrt sich aus Gründen der Souveränitätsdarstellung des Schreibers, der ja wohl nicht die marxistische Theorie der Charaktermaske vor Augen hat, wenn er das Gemurkse einer das Amt und sein Ansehen schädigenden Frau bemeckert.
Dieser sprechende Hosenanzug IST Kanzler, und auch andere Kanzler kanzlern eben wie Kanzler. Das wäre das Thema gewesen. Die Unterschiebung der Ideale des Skribenten ersetzt den Gegenstand durch ein verächtliches Verhältnis zu ihm.
Das zwingt mich zu einer nachträglichen Präzisierung: wenn jemand in der weiten Leere des Hosenanzugs etwas anderes als eine folgenreiche Kanzlerei vorfindet, soll er mir das schreiben.

Eine moralische Großmacht spricht:

"Unsre Meinungen sind nur Supplemente unsrer Existenz. Wie einer denkt, daran kann man sehen, was ihm fehlt. Die leersten Menschen halten sehr viel auf sich, treffliche sind mißtrauisch, der Lasterhafte ist frech, und der Gute ist ängstlich. So setzt sich alles ins Gleichgewicht; jeder will ganz sein oder es vor sich scheinen.
(aus "Goethe - Maximen und Reflexionen")
Also halten wir fest: die vollsten halten so gut wie nichts von sich...und der Böse ist tollkühn.
Entstanden ist dieses Urteil aus der Vertauschung von Prädikat und Subjekt, welche die Tautologie unsichtbar machen soll: Der ängstliche Meiner ist gut, der freche Meiner ist lasterhaft, vertrauensselige Meiner sind irgendwie untrefflich, und die Gecken sind leergelaufen.
Alles defiziente Charaktere.
Trotz dieser hemdsärmeligen Selbstbestätigung des sich selbst Bestätigenden: dass die Meinung etwas mit der schmeichelhaften Einbildung von Ganzheit (Subjekthaftigkeit ) zu tun hat, und eben gegenstandsunabhängig zu Stande kommt, wird kein Trefflicher als Supplement betrachten.

Positives Denken
Weist mit dem Denken insofern eine gewisse Ähnlichkeit auf als es eben Nicht-Handeln ist und sich auch von den niedrigeren Bewusstseinsstufen des Träumens gut abheben lässt.
Nur: eine negative Bestimmung ist so leer wie beispielsweise ein Hase, der als Nicht-Hund, Nicht-Engel, Nicht-Blume....usw. im restlichen Wörterbuchinhalt präsentiert wird.
Eine think – pink! -Einstellung kann deswegen unwidersprochen als Denken herumgereicht werden, weil bereits die Schwarzseherei als solches anerkannt ist.

Mittwoch, 27. August 2008

Heimatfilm

In Vorkriegszeiten, - und wann sind die mal nicht? - wenn die Gürtel enger zu schnallen verordnet ist, will man schließlich wissen wofür.
Die Antwort in der Welt der bewegten Bilder sieht dementsprechend aus.
Da ist sogar die phantasievoll beschäftigte Arbeitslosigkeit ein Anlass zu freiheitlicher Selbstentfaltung von schrulligen Typen. Aus - in allen denkbaren Hinsichten - armen Schluckern und Losern werden so familienorientierte „Könige der Nutzholzgewinnung“, die ihre zwischen den Aktendeckeln der Arbeitsämter zerquetschte Männlichkeit wiedererobern, tragikomisch aufgerauht, aber - meine Fresse! - liebevoll.
Die gelungenste Sozialkritik ist noch allemal die Aufstachelung zur Heimatliebe.

Kassandra hat immer recht
Mag sein, dass der Schlaf der Vernunft Ungeheuer gebiert, aber ihre hellwache Betätigung hat bislang nur Ungeheures in die Welt gekreißt.
Kein Wunder, dass die Sicht des Klassenclowns so beliebt ist: jede Missgeburt ein liebenswertes Geschenk an die Menschheit.

Kulturzeit
Ob das nun ein kalter Krieg ist? Oder doch schon der Eintritt in die heiße Phase?
So quält sich die Definition verantwortungsvoll von Phrase zu Phrase.

Liebe
Man muss lieben was man macht, und nicht etwa das, was einen einmacht.
Dann kommt die Liebe ganz von allein.

Vergleichbarkeit
Immer mal wieder wird einem beliebten rhetorischen Mittel, nämlich dem Vergleich, im polit-moralischen Bereich rüder Bescheid. Und zwar wird immer dann auf Unzulässigkeit des Vergleichs erachtet, wenn irgendwas seliges Heutiges an ein Unseliges aus dem NS - Damals erinnere.
Schon verfehlt, daran zu erinnern, dass ein Vergleich lediglich eine Ähnlichkeitsrelation formuliert, in der noch nichts ausgemacht ist über den tatsächlichen Sachgehalt.
Vorhersagbar plädieren dann die Saubermänner auf Verharmlosung Hitlers und des Nationalsozialismus.
Den Mechanismus aufgreifend könnte man schon auch mal den Spieß umkehren und Hitler vor Minderwertigkeitsgefühlen im Grabe rotieren lassen angesichts der Leichenberge, die heute so produziert werden.
Keine Angst, kommt noch nicht mal bei den Rechtsaußen vor.
Spaß beiseite!
An der dämlich - demagogischen Vergleicherei fällt die Gradualisierung an einem ein für allemal für unübertreffbar schlimm Erachteten auf, und die ist so oder so herum ein Fehler, weil der jeweils herangetragene Maßstab sich von jeder Orientierung am Gegenstand schon im Vorfeld emanzipiert hat, um im Wertehimmel zu schwelgen.
Ein wirklicher Systemvergleich ginge nur über den Begriff, den aber keiner hat oder will oder überhaupt auch nur für möglich hält.


Freiheit
Die unglaubliche Wichtigkeit der Freiheit lässt sich sehr leicht überprüfen.
Man erkennt sie schon daran, dass ein Gefängnisinsasse, der bei einem Preisausschreiben einen Maseratti gewonnen hat, der jetzt in seine Zelle von Wand zu Wand raumfüllend gezwängt ist, fast unüberwindliche Schwierigkeiten schon beim Einsteigen bekommt, wenn das nicht ein Cabrio mit aufklappbarem Verdeck ist. (Mit Dank an Lukas Resetarits)

Hermeneutisches Hindernis

</b>„Sagen Sie in Bayern, ich komme aus der Wirtschaft, glaubt jeder, Sie sind stockbetrunken. Sagt bei uns jemand, ich gehe in die Wirtschaft, ist es ein ehemaliger Politiker.“(Lukas Resetarits in XXII)

Dienstag, 26. August 2008

Wittgensteins Grenzen

Die Wittgensteiner habens ein Sprichwort, demzufolge die Grenzen meiner Sprache die Grenzen meiner Welt seien.
Da die Umkehrung dieser Gleichung nur den Unsinn hervorbringt, dass die Grenzen meiner Welt auch die meiner Sprache seien, muss man sich diesen Raunzer wohl in eine beleidigte Ohnmachtserklärung auflösen.
Daß die Leute beschränkt sind, einschließlich des Sprechers, tut nichts zur Sache.

Demgegenüber gilt:
Ohne meine Grenzen bin ich nichts.
So ist das nun mal mit der Identität, auch wenn man gern eine andere hätte.
Aber wer will schon gern arbeiten mit dem, was ihn ausmacht? Das sind nämlich gleich zwei unangenehme Wahrheiten in einem Atemzug.

Selbstbewusstseinsstrom
Die Welt ist eine Bühne, auf der ein jeder seine Possen agieret und hin und her tanzet, bis dass ihn unser aller Herr und Meister hinwegberufet. (G. Chr. Lichtenberg)
Das hat er geklaut beim Shakespeare aus As You Like It.“All the world´s a stage, And all the men and women merely players.”
War damals bereits ein Klischee.
Vom antiken Welt-Bühnen-Gleichnis bis zu Calderons El gran teatro del mundo reicht die Toposkette, deren Beliebtheit man ablauschen kann, dass es der tröstende Durchblick der Gemeinplätze ist, der ihnen ihre Zählebigkeit sichert.
Gegen die unbesehene Übernahme dieser tröstlichen Allerweltsweisheit spricht eigentlich nur, dass beispielsweise die Global Players ihr play nicht auf ihre Kosten inszenieren, das Textbuch nie gelesen und dann weggeschmissen haben, und sich überhaupt einen feuchten Kehricht um den Regisseur kümmern. Ebenso unzutreffend ist, dass diese personaggi neuerdings in cerca d´ autore wären.
Die ganze Bildlichkeit und ihr auskunftsfreudiger, poetischer Mehrwert wäre als Erkenntnis betrachtet - von bloßer erschreckender Erbärmlichkeit, wenn er nicht so elegant im kulturellen Mainstream plätscherte.
Von all dem unbeeindruckt überdauern Goyas „Desastres de la guerra als obstinater Bass einer weniger populären Kultur.

US Missile Defense Program
Wie die Dinge heißen und was sie tatsächlich sind, liegen beim Ideologen Nr. 1, dem bürgerlichen Staat, sehr weit auseinander, weswegen ich mich ungern um Worte streite.
Nachvollziehbar ist folgende Lagebeurteilung: ein - dem geostrategischen Plan zufolge - eingekreistes und zum Gegenschlag unfähig gemachtes Russland steht dann mit dem Rücken zur Wand, weil es de facto entwaffnet ist.
Die Verteidigung Amerikas gegen eine solchermaßen herbeigeführte Wehrlosigkeit,(trotz der Wuchtbrummen, die auf russischem Hoheitsgebiet liegen,) ist ein Witz, der nach dem nächsten Weltkrieg brenzelt.

Coup-Thriller
Das Caper movie zeigt ein kriminelles, aber immer sympathisches Kasperl, das zusammen mit anderen Experten den Sieg der subjektiven Vernunft über das Krokodil der ungünstigen Verhältnisse bebildert.

Montag, 25. August 2008

Marxismus

Heute mittlerweile der Sammelname für alles Unliebsame; irgendwie des Illusionismus verdächtig, weil an Illusionärem Kratzende; Schimpfname für alles den gängigen Materialismus der Verhältnisse Thematisierende. Richtig wäre nämlich, den aufgedrungenen Materialismus der Leute mit markigen Worten zu verdammen, damit man dann damit ungestört weitermachen kann....
Jetzt gerät sogar der brave, per negativer Dialektik sich selbst entwaffnende Adorno und der blinde Bloch, dem ein Leben lang nicht beizubringen war, dass die Menschen bereits seit Jahrmillionen „des aufrechten Gangs“ mächtig sind, in den Geruch des Marxismus.
Vom platt-witzigen Anti-Idealismus über ideologiekritische Reste bis hin zu hübschen Metaphysiken ist der nicht so ganz sicher verinnerlichte Loyalitätsstock aussichtsreicher Anwärter auf diese aussondernde Einordnung.
Wenn das so weiter geht, erwischt es demnächst Jesus und die Propheten auch noch.

Sen. John McCain
Hatte geschworen, er werde Bin Laden sogar “to the gates of hell" folgen.
Ein vorsichtiger Mann offenbar, der keinen Schritt zu weit geht.
Mir geht er freilich nicht weit genug.

Das tote Leben
ist keineswegs die Entdeckung des amerikanischen Romanciers Walker Percy oder ihm geistesverwandter Dichterdenker der konservativen Moderne bis hin zur letzten Papstpredigt.
Schon vor fast 2000 Jahren murmelte der römische Kaiser Mark Aurel:
Nicht den Tod sollte man fürchten, sondern dass man nie beginnen wird zu leben."
Es kann aber nicht schaden, darüber nachzudenken, warum sich darin alle im Widerstand verharrende Identität einig ist.

Galileo
Man kann den Menschen nichts beibringen. Man kann ihnen nur helfen, es selbst in sich zu entdecken.“
Das könnte den fadengeraden Marxisten erklären, warum klarstellende wissenschaftliche Analysen für praktische Zwecke nur begrenzt tauglich sind, und den von Marx inspirierten Kreativen, wo genau ihre Grenzen liegen.

Zukunft
"ist was man daraus macht."
(Ihre Bundesagentur für Arbeit.)
Da bin ich mir ganz sicher, dass ihr für uns eine sinnvolle und billige Verwendung finden werdet.

Schwedisches Sprichwort
"Absolutister har rätt – men bara alkoholister vet varför."Meine stark interpretierende Übersetzung:
Die Denker das Absoluten haben absolut recht. Aber nur die absolut Besoffenen wissen auch absolut genau warum.


Change!
Die amerikanische Präsidentschaftskampagne, in der das vorherrschende Thema “Change” ist, macht es um so leichter zu sehen, wie sehr alles beim alten bleibt.
Das kommt daher: die Kandidaten reden.
Aber vielleicht ist das ja auch ein grobes Missverständnis gewesen, und „Change!“ hat nie etwas anderes bedeutet als das nachdrückliche Bestehen auf dem Herausrücken des Wechselgelds. Was sich anscheinend auch nicht mehr von selbst versteht.

Sonntag, 24. August 2008

Psychopathen

sind Leute, denen da was weh tut, wo andere noch nicht mal mehr Phantomschmerzen haben, also Kultur- und Zivilisationskritiker und andere Vertreter von Unverwertbarem.

Beton -
„Es kommt darauf an, was man daraus macht.“
Sagt ein von Betonköpfen ersonnener Werbespruch, der Verheerungen fast schon flächendeckenden Ausmaßes in den Köpfen angerichtet hat. Meistens zu hören in der Form:“...ist, was man daraus macht“.
Ungefähr 43.500 Einträge sind zu diesem Prädikatsatz „ergooglebar“. Die dazugemischten Subjekte machen den Inhalt eines mittleren Wörterbuches aus, denen in aller Stupidität nur immer eines nachgesagt wird, dass es darauf ankäme, was man daraus macht.

Diese muntere Souveränität im kreativen Umgang mit jeglicher Materie suggeriert eine fröhlich stimmende Unabhängigkeit des Willens vom Gegenstand und seinen Gesetzen.
Er wird sie gleichwohl gleichmütig gegen alle Illusionisten kehren, die im Umgang mit Konzernen, Konzentrationslagern, Kernreaktoren, Kriegswirtschaft...you name it... „was draus machen.“

Übrigens: genau das haben sie dann daraus gemacht.

Sätze,
die auf alles passen, sprechen über nichts, wollen aber alles gesagt haben.
- Ach!

Kapieren vs. Verstehen
Einen Gedanken kapiert man, oder auch nicht, den Beziehungsaspekt von Sprache kann man verstehen, oder auch nicht.
Sollte daher die Hermeneutik beanspruchen, sie verstehe nicht nur, sondern sei auch fürs Kapieren zuständig, täuscht sie sich.
Umgekehrt erleidet manch ein Wissenschaftler Schiffbruch in den Untiefen des Tieferen, wenn er sein Wissen auch noch verstehen will.

Beware
of poverty!
Underdogging may be hazardous to your health.

Samstag, 23. August 2008

Über dieses Blog


In diesem Blog geht es um meinen persönlichen Denkstil und Wortmeldungen zu Sachen, die mich kratzen.
Was mindestens zwei verschiedene "Ums" sind.
Hier fröne ich meinem Formulierungs- ,Selbstverständigungs- und Mitteilungsbedürfnis weit ins Blaue hinein, weil mir rosa nicht steht.
Beides hält mich warm und gesund.
Dies ist mein virtuelles Wohnhaus. Man merkt es sofort an der merkwürdigen Bauart und der sehr gehobenen bis exponierten Lage.
Wer es nicht mag, gehe hin und baue sich ein ebenso merkwürdiges.
Und weil ich hier der Hausherr bin, schmeiße ich jeden raus, der sich mir und meinen Gästen gegenüber nicht respektvoll benimmt.

Ende der klaren Ansage.

Musik


Robert Browning meinte noch meinen zu müssen:
“There is no truer truth obtainable / By Man than comes of music.’

Neuerdings ist darin das von der Regierung des UK gesponserte „Musik Manifest“ ganz anderer Ansicht. Zwar haspelt es die Idee, dass „ Musik in sich selbst wichtig“ sei eingangs als Lippenbekenntnis herunter, aber eben nur als Auftakt, um jenseits davon Musik als Mittel zu jeder Menge von löblichen Endzwecken zu behandeln.

Gleich nachdem die Autoren des Manifests die ihr nachgesagten erzieherischen und therapeutischen Wohltaten gepriesen haben versichern sie, dass „wir glauben, dass Musik wichtig ist für die sozialen und kulturellen Werte, die sie repräsentiert und befördert, und für die Gesellschaften, die sie aufbauen und zu vereinigen helfen kann.“
Wie man sieht, Musik ist für alles gut. Warum dann nicht auch fürs Geschäft und die wirtschaftliche Wohlfahrt?
Ach, da ist sie ja schon! „Wir anerkennen die Verdienste der Musik für den wertvollen Beitrag, den sie der Ökonomie leistet.“
Ich vermute mal, die Schreiberlinge haben da etwas anderes als Musik vor Augen und Ohren: das rhythmisch geordnete bloß Agogische, das den Musikkanälen entdudelt.

Es mag ja sein, dass die Auffassung, es könnte sogar noch bei der Musik irgendwie um Wahrheit gehen, eine ganz mittelalterliche Spinnerei ist, aber was eine Lüge ist, das kriegt man schon raus, wenn man denn will.
Denn: die Auflösung eines Gegenstands in alle möglichen, ihm zuschreibbaren zustimmungsfähigen Zwecke, ist so schweinisch wie beispielweise eine Atombombe, die immerhin Arbeitsplätze schafft und selbstverständlich Verteidigung ist, den Hunger der Welt bekämpfen hilft, und die heilsame Funktion der alten Epidemien übernimmt.

Gewissenswürmer
Dieser Tage ist eine neue Kampagne losgetreten worden, die Leute dazu zu ermuntert: „Denk nach bevor du atmest!“
Die Aktivisten diese Feldzugs wollen, dass wir weniger atmen, weil das Sauerstoff einatmet und Kohlendioxyd ausstößt. Ein Artikel mit dem Titel „Halte deinen Atem an! Wie weniger Atmen dem Genpool aufhilft“ beschwört „gesunde Männer und Frauen über 18“ zu versuchen, sich auf sechs Atemzüge pro Minute zu beschränken, anstatt 12 oder gar 20 zu verprassen. Man kann jetzt sogar den eigenen impact auf die Vielfalt der Arten online durch einen neuen Öko-Pnoehalyser herausfinden indem man seine persönlichen Daten eingibt: Alter, Beruf, Pegel körperlicher Ertüchtigung und sexueller Aktivitäten. Und schon kann dir der Pnoehalyser sagen, wie viele Kubikmeter von Kohlendioxyd du pro Jahr ausstößt.

Na ja, zugegeben, das hab ich erfunden. Aber ganz so weit hergeholt ist das nicht. Dieser Tage wurde berichtet, dass der WWF, der Worldwide Fund for Nature den Leuten mehr “Wasserbewusstsein“ beibringen möchte. Demnach verrecken jetzt schon Millionen, weil wir angeblich die Stauseen der Dritten Welt leersaufen, wenn wir morgens auf Bohnenkaffee und Bananen im Müsli bestehen.
Wasserbewusste weltweit wissen: Millionen sterben an verunreinigtem Wasser, und es sieht nicht so aus, als ob sich an dem Trend zu demnächstigen Wasserkriegen was ändert.
Und dass unsereiner die eigentliche Drecksau ist, die da auf Duschen besteht, das steht für die Idioten des weltweiten Winkelreformertums schon allemal fest.
Wie wär´ s, wenn diese Gewissenswürmer schon mal damit anfingen, ihre eigene Pisse als Trinkwasser zu recyclen? Denn - nicht wahr? - es kommt immer darauf an, was man daraus macht.

Freitag, 22. August 2008

Lesarten

Man spielt ein Stücklein auf der Hermeneutik und rächt so sein Gutdünken am Text.
Gern geübt an kanonischen Texten, die man immer dann unverdächtig symbolisch zu nehmen hat, wenn es peinlich zu werden droht.
"Er aber antwortete und sprach: Jede Pflanze, die mein himmlischer Vater nicht gepflanzt hat, wird ausgerottet werden." Matthäus 15.13
Wahrlich, wahrlich ich sage euch: das Denken hat es schwer in dieser Welt.
Drum denket besser wie? Als ob ihr nicht gedacht habt.
Am weitaus besten aber ist es, beim Nachdenken über die Zulässigkeit eines Gedankens disputierend zu verharren.

Schmerz
Der Körper hat kein Gedächtnis. Würde er all das tatsächlich aufheben, führte diese Kumulation vermutlich zum Bersten der Gewebe.
Was er sich aber ganz gut merken kann, sind seine Verursacher.
Er lässt sich auch nicht einreden, dass es ja schließlich auch noch was anderes gebe: Sonnenuntergänge und Richard Strauss zum Beispiel.
Diese erbaulichen Hinweise hält er ganz im Gegenteil geradezu für eine weitere Bestätigung der Wahrheit, dass der Körper kein Gedächtnis hat.

Laputa
Im dritten Buch von Gullivers Reisen verschlägt es den Titelhelden auf eine schwebende Insel. Auf ihr lebt ein eigentümliches Geschlecht von Menschen. „Ihre Köpfe waren alle entweder nach rechts oder nach links geneigt; eines ihrer Augen war nach innen und das andere auf den Zenit gerichtet.“
Mir kommen diese Menschen bekannt vor, schon gleich, wenn ich lese, dass diese gelehrsamen Leute, sich ausschließlich mit Mathematik, Musik und - aus schicksalsgläubiger Angst – mit Astronomie/Astrologie beschäftigen.
Die Verachtung der Laputier für alle theoriegeleitete Praxis führt zu sehr unbefriedigenden Resultaten beim Hausbau oder anderen gewöhnlichen Tätigkeiten, was sie aber nicht weiter zu stören scheint.
Nun dächte man, dass eine derartige unsympathische, in der Luft schwebende Weltfremdheit ihren eigenen Untergang in sich trüge.
Weit gefehlt!
Was das Regieren der normalen Beherrschten auf der Erde betrifft, da lässt es der König dieser Akademiker an nichts Zielführendem fehlen.
Wenn sich irgendeine Stadt in eine Rebellion oder Meuterei einlassen, in heftige Parteikämpfe geraten oder sich weigern sollte, die gewöhnlichen Abgaben zu zahlen, so hat der König zwei Methoden, sie zum Gehorsam zu zwingen. Das erste und mildeste Verfahren besteht darin, die Insel über einer solchen Stadt und den umliegenden Ländereien schweben zu lassen, wodurch er den Einwohnern die Wohltat des Sonnenscheins und des Regens vorenthalten und sie folglich mit Hungersnot und Krankheiten bedrücken kann. ...“
Soweit die humanere der Varianten.
Könnte es sein, dass - wie schon Luther vor ihm – Swift bei der gegenstandsjenseitigen Willfährigkeit der Vernunft an La Puta (Hure) gedacht hat?

Freiheitsreligion
Das muss schon eine ganz merkwürdige Religion der Freiheit sein, die allen anderen Nationen Freiheit und Demokratie diktiert.

Donnerstag, 21. August 2008

Holismus

Der ganzheitliche Denker gibt zu verstehen, dass, was auch immer einer sage, das nur eine Teilwahrheit sei.
Der mit solchem salomonischen Bescheid über die Nichtigkeit jeder Aussage, ganz gleich in welcher Form, Abgespeiste wird gut daran tun, nicht nach der ganzen Wahrheit zu fragen, die ja wohl das Maß für das ungünstige Urteil abgibt, denn die ist leider nicht zu haben.
Ganzheitsdenker sind also im ersten Schritt sehr anspruchsvoll, verwerfen aber im zweiten flugs den eigenen Maßstab aus Bescheidenheit.
Das ergibt als Gesamtbild ein sehr gesittetes Denken, dessen Methodologie es schafft, höchste Ansprüche mit extremer Bescheidenheit unter einen Hut zu bekommen.
Es handelt sich dabei um die Kunst, über nichts zu sprechen, aber darin immer recht zu behalten, und seht nur! wie amüsierend der Mann sich in Verschwiegenheit übt!
So werden der zurückhaltende Ganzheitsdenker und der geschwätzige Teilwahrheitskrämer sich immer fremd bleiben und sich nur im Amüsement übereinander aneinander erfreuen können.

Zivilisation
Die Wilden fressen einander, und die Zahmen betrügen einander, und das nennt man den Lauf der Welt.“ (Ein lesbarer Schriftsteller namens Schopenhauer)
Diese Fortschrittsgeschichte der Zivilisation übergeht ein wichtiges Detail, das hier nachgetragen sei: “Kannibalen fressen einander, wir beschränken uns aufs Schlachten.“

Schöner Wohnen
Das Meiste auf dieser Welt kann man mit etwas gutem Willen durchaus begreifen.
Nicht aber den eigenen Dämon.
„Playboy“ und Partnerschaft und Psychoquark sind aseptische Spitäler für Leute, die sich gern vom Experten ruhig stellen lassen.

Mode
Die Frau, die bei gut gefülltem Kleiderschrank „nichts anzuziehen“ hat, wurde von der Ahnung beschlichen, dass nichts von all dem da sie wieder wird sichtbar machen.

Hoffend
Willens, den Silberstreifen am Horizont als Wäscheleine zu benutzen.

Gläubig
Voller Zuversicht, dass das logisch Unmögliche tatsächlich Ereignis wird.
1. Dieses Asyl des Sklaven erspart ihm eine fürsorgliche Verwahrung.
2. Wenn das so ist, kann man an Denker und Wissenschaftler gar nicht glauben.

Durchsetzer
(Reformulierung von Adornos "Autoritärem Charakter")
Die reißendsten Wölfe im Pferch des Erhabenen pflegen doch die sentimentalsten Schafe im Idyll ihrer vier Pfähle zu sein.

Antike Modernität

Wenn die ehrfuerchtige Froemmigkeit der aelteren Tragiker deren Stuecke gleichsam mit einem Abglanz des Himmels ueberstroemt, wenn die Abgeschlossenheit des engen Horizontes der aelteren
Hellenen auch ueber den Hoerer ihre befriedende Macht uebt, so erscheint die Euripideische Welt in dem fahlen Schimmer der Spekulation so entgoettlicht wie durchgeistigt, und truebe Leidenschaften zucken wie die Blitze durch die grauen
Wolken hin. Der alte, tiefe innerliche Schicksalsglaube ist verschwunden; das Fatum regiert als aeusserlich despotische Macht, und knirschend tragen die Knechte ihre Fesseln. Derjenige Unglaube, welcher der verzweifelnde Glaube ist, redet aus diesem Dichter mit daemonischer Gewalt. Notwendigerweise gelangt also
der Dichter niemals zu einer ihn selber ueberwaeltigenden plastischen Konzeption und niemals zu einer wahrhaft poetischen Wirkung im ganzen; weshalb er auch sich gegen die Komposition seiner Trauerspiele gewissermassen gleichgueltig verhalten, ja hierin nicht selten geradezu gesudelt und seinen Stuecken weder in
einer Handlung noch in einer Persoenlichkeit einen Mittelpunkt gegeben hat - die liederliche Manier, den Knoten durch den Prolog zu schuerzen und durch eine Goettererscheinung oder eine aehnliche Plumpheit zu loesen, hat recht eigentlich
Euripides aufgebracht. Alle Wirkung liegt bei ihm im Detail, und mit allerdings grosser Kunst ist hierin von allen Seiten alles aufgeboten, um den unersetzlichen Mangel poetischer Totalitaet zu verdecken. Euripides ist Meister in den sogenannten Effekten, welche in der Regel sinnlich sentimental gefaerbt sind und oft noch durch einen besonderen Hautgout, zum Beispiel durch Verwehung
von Liebesstoffen mit Mord oder Inzest, die Sinnlichkeit stacheln.
(Mommsen: Römische Geschichte)

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