Journalistisches
Das Café für Brustfütterung (Name des Orts ist der Redaktion bekannt) habe ich in mein Herz geschlossen, weil es sich zu der tapferen Entscheidung durchgerungen hat, eine Mutter und ihren vier Monate alten Sohn rauszuschmeißen, als die sich daran machte, ihn mit der Flasche (!!!) zu stillen.
Das ist genau die Art direkter Aktion, die wir brauchen, um mehr Mütter zur Brustfütterung zu ermutigen; ich meine, wenn einer schon die gigantisch schlecht-informierte Entscheidung gefällt hat, sich zu reproduzieren, dann ist doch das mindeste, seine Brut ethisch vertretbar aufzuziehen – und das heißt nun mal, sie mit auf natürliche Weise produzierter Muttermilch zu füttern, anstatt mit diesem giftigen Puder, das von üblen Trusts den Leuten angedreht wird, und deren Fabriken Tonnen von Smog und Toxischem in Tausende von Flüssen jeden Tag jeder Woche jeden Jahrs emittieren.
Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt, dass Babies bis zum sechsten Monat mit Muttermilch gestillt werden sollten. FALSCH, sie sollten die ersten sechs Jahre damit gefüttert werden. Werbeanzeigen für alle Arten von Milchersatz sollten verboten werden, und wir sollten ernsthaft darüber nachdenken, solchen Ersatz überhaupt zu verbieten. Dann wollen wir doch mal sehen, wie Jordan, diese permagebräunte Königin der Konsumentenkultur mit ihren Plastiktitten sich schlägt, wenn sie sich auf dem Schwarzmarkt einen Schuss Muttermilchersatz besorgen muss.
Die Gesellschaft sollte von diesem Brustfütterungscafé lernen und alle Milchflaschenfütterung betreibenden Mütter vom Arbeitsplatz, aus öffentlichen Gebäuden, Kneipen, Restaurants, Bushaltestellen, Taxis, Flughäfen und aus ihrer Wohnung verbannen, wenn dort Doktoren, Krankenschwestern oder Sozialarbeiter vorbeischauen müssen (und sehen wir doch der Tatsache ins Auge, flaschenfütternde Mütter sind genau die Sorte, die häufig von Sozialarbeitern aufgesucht wird....)
(Die Redaktion ist nicht verantwortlich für den Inhalt dieses Beitrags.)
nennt man die Rhetorik
jenes Schwarzen am Ende des Tunnels,
der uns freimütig und nobel gepriesen
heraufnachtet.
Oh HERR
obama Dich unser.
Das Dalai Lama hat in die ganz falsche Richtung gespuckt, als es von einem Olympia-Boykott nichts wissen wollte.
Hier 10 jedem Meinungsinhaber sofort einsichtige Gründe dafür:
1) Der Smog ist in Peking so schlimm, dass die Leute nicht die Hand vor ihren Augen sehen können. Jeder Athlet, der in solch verrauchter Umgebung rumläuft, springt oder Speere wirft, wird augenblicklich tot um- und zu Staub zerfallen.
2) China ist völkermörderisch in einem geradezu verrückten Ausmaß. Seine Soldaten massakrieren täglich Tausende von Menschen in Darfur in einem Tötungsrausch, der den Holocaust wie ein Lagerfeuer an einem Kindergeburtstag aussehen macht. Außerdem macht China mit Afrikanischen Diktatoren Geschäfte, ohne dass es vorher den Bono von den U2 über die Prinzipien richtigen Regierens zu Rate gezogen hätte.
3) China errichtet pro Woche ZWEI KOHLEBETRIEBENE ELEKTRIZITÄTSWERKE!!! Nach Kohle zu graben sollte als international anerkanntes ERBRECHEN GEGEN DIE HUMANITÄT gewertet werden, und die Milliarden Chinesen, die sich in den Kohleminen vergehen, sollten vor den Gerichtshof in Den Haag geschleppt werden.
4) China arbeitet in seinen Smog produzierenden Fabriken absichtlich Nägel und Gifte in jene Trillionen Spielzeuge ein, an denen die Kinder des Westens, die sie essen, sterben. Jeder Athlet, der seinen Fuß nach Peking setzt, unterstützt damit den Massenmord amerikanischer und europäischer Kinder durch Chinas gottlose Arbeiterschaft.
5) China hat massiv diesen Planeten übervölkert. Es gibt überhaupt kein Land, das 1,3 Milliarden Bewohner bräuchte! Schon 1,3 Millionen sind viel zu viele. Die lasche Ein-Kind-Politik hat ganz offensichtlich nicht funktioniert, und China täte gut daran, sich bei Malthus und der deutschen Bevölkerungspolitik kundig zu machen wie man das richtig macht.
6) Chinesische Sporttrainer sind grausam und ohne Erbarmen. Sie foltern Babies, indem sie Neugeborene auf Streckbetten spannen, um deren Glieder für den Zweck des späteren Hammerwerfens zu verlängern und stopfen andere mit das Wachstum hemmenden Pillen voll, um aus ihnen hervorragende Turner zu machen. Falls Sie mir nicht glauben, besorgen Sie sich ein Exemplar von der Publikation „Die Protokolle der Weisen von Peking“ und lesen Sie´ s JETZT – EINFACH ENTSETZLICH!
7) Die Chinesen essen alles, was vier Beine hat und kein Tisch ist. Übrigens: Haben Sie heute schon Ihren Hund gesehen?
8) Die Chinesen unterminieren fortwährend und gehässig die Anstrengungen ehrwürdiger westlicher Wohltäter, die sich um den Erhalt der afrikanischen Kultur Verdienste erwerben. Dazu gehört auch unsere Freundin Poppy DeBonviere-Hoare, die in Botswana eine glänzende Wohlfahrtseinrichtung mit dem Namen „Macheten gegen den Klimawandel“ leitet, die den Afrikaner lehrt, dass körperliche Arbeit, Hacken und selbstverständlich Macheten viel besser bei der Kakao-Produktion sind als Hochtechnologie und Maschinen, (oder wie sie ihre Arbeiter derlei zu nennen lehrte: “des Weißen Mannes teuflische Tricks“) Und was taten die Chinesen? Die kamen einfach daher und bauten eine Zigarettenfabrik, und all diese Machetenarbeiter murmelten „fuck“ und gingen lieber in die Zigarettenfabrik! In einem linken, einem einzigartigen Foul von Handstreich haben diese Automatenköpfe von chinesischen Geschäftsleuten armen Afrikanern, die es nicht besser wissen können, eine Gehirnwäsche verpasst, eine smog-produzierende Fabrik hingesetzt, und unsere Freundin Poppy ihres Lebenssinns beraubt.
9) China sperrt Journalisten ins Gefängnis! Und keiner sollte in Haft genommen werden für das was er denkt, sagt oder schreibt – es sei denn er leugnet wissend und vorsätzlich die fraglose Wahrheit über die von den Chinesen verursachte Klimakatastrophe. In diesem Falle wird er eines Tages auf zukünftigen internationalen Verbrechens-Tribunalen sich zu verantworten haben.
10) China feiert schamlos den „Geist Olympias“. Was das sein soll? Es ist die krankhafte Selbstüberhebung des Menschen, der lieber die Idee unter die Leute bringt, dass die Menschen Götter seien, die auf dem Berg Olymp zusammenhocken, als die Realität anzuerkennen, dass wir durch Gaias Gosse gespült werden. Indem in den Schaukasten gesetzt wird, wie wundervoll doch der Mensch ist, wenn er rennt, hupft und sich gegenseitig das Gehirn dumpfdrischt, werden die Spiele in Peking uns blind machen für die Tatsache, dass wir wenig mehr sind als eine geradezu olympische Pest auf diesem Planeten.
Aus gegebenem Anlass:
Die ihres Amtes waltenden Kräfte promoten Glück und dämonisieren seit längerem die Wut.
„Ich bin ein verdammter Geissbock, der versucht, die Welt zu ficken, und das ist kein Wunder, denn die versucht das selbe mit mir.”
So klang vor noch gar nicht so langer Zeit Arthur Seaton, der Held von Alan Sillitoe’s Meisterstück aus der Phase der angry – young - men Saturday Night and Sunday Morning (1958). Seaton war ein Londoner Weiberheld auf der Höhe aller urbanen Überlebenskniffe, der tagsüber in einer Fabrik arbeitete und sich nachts stumpf soff, und den Rest seiner Zeit, angefeuert von Wut und Alkohol, sich vergnügliche Sträuße „ mit Müttern und Frauen, Vermietern, Vorgesetzen, Bullen, Armeeheinis und den Regierungsfuzzys“ lieferte.
Heutzutage würde Seaton weggekarrt werden für eine kurze, aber scharfe Dosis von Wut-Management-Therapie. Schon gleich würde er nicht den Ehrentitel eines „ zornigen jungen Mannes“ verliehen bekommen. Man heftete ihm den gelben Stern “Opfer der Wut-Seuche” an, so effektiv wurde mittlerweile die Wut geächtet, oder zumindest ihr ungefilterter Ausdruck davon. Die Emotions-Polizei hat mit Erfolg allem den Krieg erklärt, was nur entfernt nach einem zornigen jungen Mann (oder einer Frau) ähnelt. Das Ziel davon scheint, die Geissböcke in Schafe zu verwandeln und kaum eine Augenbraue war hochgezogen worden, um auf diese heimtückische Campagne geistigen brainwashings zu reagieren. Emotionaler Konformismus und coole Dämpfer sind angesagt und ausgerufen.
Wenn die Fünfziger die ‘Angry Decade’ (so der Titel von Kenneth Allsop’s Studie von 1958 über die Angry Young Men der englischen Literatur) waren, dann sind die 2000er die Anti-Angry-Dekade.
Da mir natürlich wieder keiner glaubt:
Dieser Tage veröffentlichte die UK Mental Health Foundation (MHF) einen Bericht, Boiling Point, der Wut als einen ”Elefanten in der Sphäre der geistigen Gesundheit“ beschreibt. Die MHF behauptet (oder besser „vertrat die Einschätzung“ – behaupten ist sicherlich viel zu heftig) daß Wut, falls man ihr nicht mit einer hilfreichen Behandlung beikäme, den Zusammenbruch von Familien und Irrsinn bedeute.
Die MHF sagt, wir bräuchten eine Armee von wutbewußten Ärzten für Allgemeinmedizin und Gesprächstherapeuten, um das Problem der Wut in der englischen Bevölkerung in den Griff zu kriegen. Das würde in der Tat alle „verdammten Geissböcke“, die auf das Geficktwerden durch die Welt mit einer Konter-Attacke reagieren, ausmerzen.
Es kommt noch schlimmer. Offenbar kann Wut dich killen. Die MHF sagt, daß chronische und intensive Wut „einher gehe mit“ - ah, dieser herrliche Trick der billigsten Dreigroschen-Epidemologie: die Hau-Ruck-Phrase „einher gehe mit“ - Herzerkrankung, Krebs, Schlaganfall, Erkältungen und Influenza, so wie mit Depression, Selbstverletzung und Drogenmißbrauch.
Dies folgt einer amerikanischen Studie von 2004, die besagte, daß “wütende Teenager ihre Gesundheit riskieren” (offenbar haben wütende Teenies einen höheren Body-mass-Index als ihre Gegenstücke, und riskieren zukünftige Herzkrankheiten und Diabetes), und eine Studie aus 2002 belehrt uns, daß ‘ein ungezügeltes Temperament zum Risiko einer vorzeitigen Herzattacke führt. Die Warnung konnte nicht deutlicher sein: werde wütend und schon bist du so gut wie tot.
Da es weit und breit nichts auf dieser Welt gibt, worüber sich aufgeregt gehört, ist jedes Indiz in dieser Richtung unproportioniert, unverantwortlich und illegitim.
Was ich von Leuten halte, die 16 Millionen Amerikanern anhängen, dass sie, statt glücklich darüber zu sein, dass sie Amerikaner sind, an IED (Intermittent Explosive Disorder) leiden, schreibe ich vorsichtshalber nicht hin.
Womit endgültig klar ist, was mit mir los ist: Ich leide an einem Autoritäts-Wut-Syndrom und gehöre zur Therapie in eine Korrektionsanstalt.
Sollte ich mich wütend dagegen sträuben und heftig wehren, weil ich noch unterscheiden kann zwischen vernunftloser Raserei und Missvergnügen bereitenden Anlässen, bestätigt das nur ein weiteres Mal die Diagnose.
Ich habe nichts gegen intellektuelle Bescheidenheit von der Sorte: „Ich weiß, dass ich nichts weiß.“
Die meisten tun sowieso unentwegt so, als trügen sie mehr an der Bürde des Wissens als ihrem Kreuz gut tut.
Ich weiß aber aus Erfahrung, dass dieses „Ich weiß, dass ich nichts weiß“ keineswegs der Startschuß dafür ist, dass einer sich jetzt aus Einsicht in einen Mangel auf den Weg der Besserung macht und sich schleunigst nach Wissen umtut.
Im Gegenteil: so einer wird auf einmal pampig und gibt uns zu verstehen, weil er nix weiß, habe gefälligst auch sonst keiner sich auf der Welt auszukennen. Im Handumdrehen sieht man sich an den Pranger der Arroganz versetzt. Und das alles ohne irgendein Argument zu oder über irgendwas.
Unsereiner ist also methodisch korrekt zur Sau gemacht. Den meisten aus der Hetzmeute genügt das. Und nachdem das Familienrudel im Verein kräftig in meine Richtung gespuckt hat, zieht es befriedigt weiter.
Da sitze ich nun in meinem todschicken Prangerkäfig und habe jede Menge Zeit über meine Unwissenheit nachzudenken.
Zum Beispiel sehe ich seit Jahren auf einer Autobahnbrücke ein eierschalenfarbenes Auto parken - nicht mit den üblichen zwei Seitenfenstern, sondern mit derer luxuriösen vieren, also eine Art überlanges Doppel-Auto auf seinen normalen vier Rädern. Daß das in der Mitte nicht durchhängt? Hat das ein Chassis aus Carrara-Marmor?
Gestern lese ich einen Roman von DeLillo, wo eine Stretch-Limousine vorkommt. Und schon passt das namenlose, nur mit Umschreibungen weitergebbare Auto-Dings mit dem neuen Wort zusammen.
Daß die Dinge allmählich überhand nehmen, für die ich keinen Namen weiß, war mir erstmals in Peter Careys Romanen und später in der Pop-Literatur aufgefallen. Streckenweise konnte ich noch nicht einmal raten, worum sich´ s bei den Aufzählungen aus der kaufbaren Dingewelt handelt. Wollte mir schon ein australisches Pendant zum Quellekatalog anschaffen.
Da fiel mir gerade noch rechtzeitig ein, worin Epiktet nun wirklich recht hat: „Wie zahlreich sind doch die Dinge, die ich nicht brauche.»
Und sie werden immer mehr.
Umgekehrt gibt es das natürlich auch.
Immer mal wieder ärgere ich mich über Wörter, die mir zufliegen, und mit denen ich dann nichts anfangen kann. Beispielsweise die „Vor-Premiere“ eines Kinos. Was das wohl sein mag?
Also identisch mit einer bloßen Erstaufführung kann es wohl nicht sein. Dann wäre es nämlich eine hundsgewöhnliche Premiere. Und wenn es doch sozusagen die vorgezogene Premiere einer Premiere sein sollte, steht uns demnächst eine Prä-Vor-Premiere desselben Charakters ins Haus. Mir fehlt in solchen Fällen zu dem Wort einfach das Ding.
Ob aber, den Zusammenhang von Laut und Bedeutung zu wissen, sich in dem Falle überhaupt lohnt?
Ich weiß, dass ich keine Ahnung vom „XY-Generator mit linksgetriebenem Überschall-Servolator“ habe. Das schadet aber weder mir noch meinen Zeitgenossen. Im Bedarfsfalle greift hier die bloße Verwaltungsordnung der Arbeitsteiligkeit.
Bei der „neuen Weltordnung“ oder dem „Terrorismus“ und „unseren Interessen“ ist das ganz anders. Diese Bezeichnungen verdanken sich keineswegs einer Art Straßenverkehrsordnung und ihrer Festlegung, auf welcher Straßenseite denn nun gefahren zu haben werde,
auf dass niemandes Interesse zu Schaden komme.
Der Glaube, liest man, sei auf dem Vormarsch.
Und wenn ich mir die diversen Glaubensbekenntnisse so anschaue, glaube ich das auch.
So glauben viele, der Gott des Sports habe es so eingerichtet, dass alle zwei Jahre jenseits eines Leistungsmaximums der menschlichen Physis wunderbarerweise bei Radlern und anderen sauberen Profi-Spitzensportlern ein qualitativer Evolutions-Sprung in neue Rekordhöhen statt hat.
Andere wiederum glauben, dass eine von Microsoft und Daimler-Chrysler gesponserte globale Konzertveranstaltung den vom lieben Gott gesponserten Regierungen ordentlich einheizen wird, damit die sich die Klimakatastrophe zu Herzen nehmen. Natürlich, natürlich, und die Sonne geht auf, weil der Hahn kräht.
Und man glaubt auch gerne daran, dass der Neoliberalismus die Quadratur des Zirkels endlich geschafft hat, die Fallgesetze außer Kraft gesetzt hat (weswegen die Unteren neuerdings massenweise in die Elite fallen), sowie die Afrikaner endlich mal auf Trab gebracht hat, und die vor lauter Selbsthilfe demnächst eine ernste Konkurrenz auf dem Weltmarkt darstellen.
Umfragen zufolge glauben erstaunlich viele Amerikaner: dass 1) ihr Land von Gott auserwählt wurde (und nicht etwa Israel!) und dass es 2) im Irak tatsächlich Massenvernichtungswaffen gegeben hat, und Saddam enge Verbindungen zu al-Qaida hatte.
Viele Deutsche glauben, man könne vom Toilettenzustand des Bundestags auf die Sauberkeit seiner Benutzer schließen.
Japaner glauben, dass sie als nationaler Haufen allem und jedem ebenbürtig, wenn nicht gar überlegen sind.
Da also von West nach Ost allüberall der Appell an die niedersten Instinkte des sittlichen Weltbilds weltweit so erfolgreich ist, lasse ich mir niederträchtige Angriffe auf meine moralinfreien Sitten gerne gefallen, und die Stiefel der Missionare auf meiner Seele herumlatschen.
Vielleicht sollte denen aber doch einer mal sagen, dass trotz seines weibischen Äußeren (Hut, Röcke) der Papst erwiesenermaßen keine Frau ist.
Gemäß der schon etwas betagten Weisheit, dass der wehrhafte Demokrat seine martialischen Überzeugungen verteidigt, indem er das für obsolet erklärt, was ihm im Wege steht, verkündet Frau Merkel neuerdings:
„Die alte Trennung von äußerer und innerer Sicherheit ist von gestern“. Das Grundsatzprogramm der CDU spreche sich deshalb für einen Einsatz der Bundeswehr im Innern aus. Dies müsse „im Zusammenhang mit terroristischen Gefahren in ausgewählten Bereichen“ möglich sein, sagt die CDU-Vorsitzende und fügt noch an:
„Wir müssen ganz neu denken.“
Kein Wunder, dass das Denken in Verruf geraten ist, wenn Leute, die noch nicht einmal die ernüchternde Gegenwart des Üblichen im Gedanken erfaßt haben, jetzt plötzlich sich dazu wortwörtlich ermuntern, „in neuen Zusammenhängen zu denken“.
Da Politiker sozusagen die Kondensatoren der Dummheit sind, wundert dieser neuerliche Beweis machtvoller Beschränktheit überhaupt nicht. Was die da kondensieren, liegt eh schon länger in der Luft, allwo man ein
- „in die selbe Richtung denken“ vorfindet, und sich davon etwas Gehaltvolles verspricht; und das eine oder andere
- „angedacht“ wird;
- je nach Opportunität mal „lokal denken“ angesagt ist, oder doch lieber „global“;
- einer scheidenden Moderatorin ein „wissendes Lächeln“ zugemutet wird;
- es sogar ein Erkenntnisinteresse geben soll;
- zu befürchten steht, dass es demnächst im Fernsehen ein „Abenteuer Denken“ geben wird. Die Ver-Abenteuerung von Leben gibt’s schon.
- Vordenker geisten gebildet durch die Medien, und erlaubt ist Nachdenken des Vorgedachten. Erlaubt ist auch ein kritisches: “Das kann ich nicht nachvollziehen.“, womit klar sein dürfte, worin Denken heute besteht: Identischwerden, Sich-Einfinden im Pferch des Novus ordo Seclorum, den das Große Siegel der Staaten auf der Eindollarnote nicht nur verspricht. Da die leicht fassliche Sprache der Brutalität, die in jedem Dollar steckt, jeder versteht, erübrigt sich das Denken.
Man dächte doch eigentlich, dass am Denken nichts antik oder hip ist, ebenso wenig wie es grün, oder schmierig…. ist. Man tut´s, oder lässt es bleiben, und was dabei über den Gegenstand raus kommt, ist entweder falsch oder richtig.
Nicht so die neuen Erkenntnistheoretiker auf den Regierungsbänken!
Mal abgesehen davon, dass ein neues Denken das Unding darstellt, am „alten“ Denken sei ein Mangel gewesen, der jetzt ohne Angabe triftiger Gründe ersetzt zu werden habe durch eine ganz modische Methode, sich die Dinge zurechtzulegen, bleibt dem Gutwilligen immer noch die faktische Fatalität, dass das „angedachte“ Hetzen von Militär auf regierungsseitig ausgemachte Feinde im Inneren ein ganz alter Hut ist:
„Gegen Demokraten helfen nur Soldaten.“
wusste schon König Wilhelm IV., und ließ den seinerzeit glücklosen Haufen blutig zusammenkartätschen.
Der hat seinerseits das Probatum als Mittel der Ordnungsstiftung gut verinnerlicht und wird sein Wissen ganz rechtsstaatlich selbstverständlich in bekömmlicher Dosierung in Anschlag bringen, damit solche Peinlichkeiten wie die regierungsseitig nicht abgesegnete militärische Spionage durch Spähpanzer und Tornados beim G 8-Gipfel endlich in den Rang verfassungsmäßig garantierter Fürsorglichkeit aufrückt.
Da sollten wir mal nachhaltig drüber denken.
Demokratie ist zwar eine Herrschaftsform, wird aber als solche keineswegs länger gedacht als dahingesagt.
In den Köpfen existiert sie geradezu als summum bonum (= höchster Wert), also als Ordnungs-Religion.
Das liegt an dem liberalen Totalitarismus, mit dem sich hier jeder einzelnen Seele angenommen wird. Nämlich ganz ohne dass es eines Staatsrundfunks bedürfte, denn über die „Öffentlichkeitsarbeit“ der Bundesregierung hinaus wird die zur politischen Willensbildung nötige Propaganda ganz freiwillig und nebenher von der Journaille mit erledigt.
Was waren das noch für herrliche Zeiten, als man den Tyrannen morden konnte! Die zur Struktur verfestigten Sachzwänge (= per Staatsgewalt abgesicherte Abhängigkeiten) proklamieren sich heute nicht etwa bloß als Zivilisation, sie garantieren tatsächlich im Gesetz schon für den noch gar nicht Geborenen, dass es auch nach seinem Tode so weitergehen wird.
Daß ich damit recht habe, nützt mir so gar nichts. Nur wer das Recht als sein Mittel hat, weiß bereits im ersten Akt, wer die Leiche im letzten abgeben wird.
Es stimmt daher nicht, was Nietzsche sich als alternatives Menschenbild zur gängigen Harmlosigkeit hält: „das nicht festgestellte Tier“. Was auch immer ich klarstelle, die hierzu nötigen Feststellungen werden erforderlichenfalls von einer Instanz vorgenommen, die ihrer Meinung auch den Nachdruck der Maßgeblichkeit verleihen kann.
Da wundert es einen überhaupt nicht, wenn die Leute ihre eigenen Reden als Geschwätz qualifizieren, und keinen großen Wert auf das Bla Bla des lieben Nebenmenschen vom gleichen Kaliber legen, und es vorziehen, das Radio oder den Fernseher einzuschalten. Da ist der Quatsch wenigstens unterhaltsam.
„Worte sind nichts anderes als die Luftströmungen in einem hermetisch abgeschlossenen Zimmer, die nichts Wesentliches verändern, unaufhörlich das Gleichgewicht herstellen ohne dass sie es jemals durcheinander gebracht hätten.“
(W. F. Hermans in De God Denkbaar Denkbaar de God)
Nihilismus ist die Kassandra, die immer recht hat, ein um das Nachdenken über den Grund der Vergeblichkeit verkürzter Gedanke, also ein unansehnlicher Krüppel, der partout nicht mehr sich erinnern können will, wo ihm die Eier und andere Gliedmaßen weggeschossen wurden.
Erst heute morgen kam schon wieder Unmut auf als ich leichthin bekannt gab, daß das älteste Gesetz unserer Kraale schon in der RIGVEDA nachzulesen stehe: "....Indra, der Gott des Krieges, der die Schatzkammern der Gottlosen plünderte..."
- ???
- Die gerechte Sache, die man unschwer an den höheren ideellen Zwecken der Rechtgläubigkeit erkennt, gebietet das ja doch wohl!?
-???
Ein Beispiel: Im Valladolid des Jahres des Heils 1550 hatte der edle Las Casas ein Pfaffengezänk mit dem offiziellen Vertreter kirchlicher Lehrmeinung namens Sepúlveda in der Angelegenheit des vom Missionseifer getriebenen Völkermords an den Indianern.
Einig waren die beiden sich im unumstößlichen Universalismus der auftragsgemäßen Verwandlung von Bekehrungsmaterial in Katholikenseelen, wobei ganz nebenher die Schatzkammern dieser Gottlosen ...Differenzen gab es eigentlich nur in der Methode. Las Casas, der Menschen- und Indianerfreund war mehr für die Einführung von Negersklaven, die den hohen Ansprüchen der ansonsten impossiblen Mission eher standhielten, wobei ganz nebenher die Schatzkammern auch dieser Gottlosen...
- Ach, du immer mit deinen alten Geschichten!
-Ein Beispiel aus unseren Tagen wird also gewünscht? Alle Millionen protestmarschierenden Wohlmeinenden und sogar der Papst und die deutsche politische Klasse auch waren sich einig, daß der von Amerika angezettelte Irakkrieg verfehlt sei.
Und jetzt stellt sich heraus, daß die alle bloß anmelden wollten, daß man auch ganz anders an die Schatzkammern der Gottlosen....