Tragend die Herzen der Menschen mit strebender Hoffnung empor
Schmettern sie doch, was hoch fliegt, mit all ihrer Macht in den Staub.
BKA-Gesetz
Der Freiheitskämpfer Schäuble hat im Verbund mit den Medien vergessen darauf hinzuweisen,
- dass in der rechtsstaatlichen Absegnung des BKA-Gesetzes das Zeugnisverweigerungsrecht außer Kraft gesetzt wird (§20c Abs.3). Das heißt, Kinder/Ehepartner des Verdächtigen werden gezwungen gegen ihn auszusagen. Bei Aussageverweigerung könnte dann die Erzwingungshaft angeordnet werden.(wie bei einer unberechtigten Zeugnisverweigerung);
- dass es eine Präventiv -Haft nach dem Muster von Guantánamo geben wird;
-es dir ab sofort in D auch nichts mehr nützt , wenn du Anwalt, Arzt, Imam bist (Wiefelspütz et alia nach hohem Vorbild: „Wer Geistlicher ist, bestimmen wir.“). Der Polizeistaat hat dich rechtsstaatlich am Kanthaken, wenn der Informantenschutz aufgehoben wird.
Der demokratie-idealistische Ruf nach Nachbesserung wird selbstverständlich nicht ungehört verhallen.
Der ideologische Ertrag für ein Sozialkundebuch, das leider nie verlegt werden wird, steht aber jetzt schon fest:
§ 1) Zur Aufrechterhaltung der Freiheit ist ihre Aushöhlung unerlässlich.
§ 2) Diese sehr elastische Dame ist praktischerweise genau so korpulent, wie sie gebraucht wird, um das Aushöhlungsprocedere unbeschadet zu überstehen.
Dieser Merker sollte - ´ Hümmelswüllen! - nicht als Fanal zur Rettung der Freiheit gelesen werden. Ich unterscheide mich von den anderen Meckerpötten und Nörglern schon noch ein bisschen.
Lügen
Solche Abwertungsversuche unternimmt die phantasielose Verständnislosigkeit bei phantasievollen Erzählungen.
Wenn die Macht sich ihrer bedient, bleibt es allerdings nicht beim Erzählen. So dient etwa die Stationierung der US-Raketen in Polen ausschließlich dazu, Bin Laden zu fangen, um die Freiheit andauern zu lassen.
Obama
Das Schwarze am Ende des Tunnels.
Smart-ass
Dass alle Menschen ausnahmslos und unrettbar verrückt sind, außer dem schreibenden Menschen hier, ist keineswegs ein Paradox.
Ist doch jeder Klugscheißer ein Monster.
„Ich fand eine Feldblume, bewunderte ihre Schönheit, ihre Vollendung in allen Theilen, und rief aus: "Aber alles Dieses, in ihr und Tausenden ihres Gleichen, prangt und verblüht, von niemanden betrachtet, ja, oft von keinem Auge auch nur gesehn." Sie aber antwortete: "Du Thor! meinst du, ich blühe, um gesehn zu werden? Meiner und nicht der Andern wegen blühe ich, blühe, weil´ s mir gefällt: darin, dass ich blühe und bin, besteht meine Freude und meine Lust. " (Schopenhauer: Parerga und Paralipomena II, § 388)
Die Alten hielten dafür, dass der Mensch ein zoon politikon sei.
Eine seither noch nicht geklärte Schwierigkeit blieb dabei, wer denn nun ein Mensch sei.
Des seinerzeitigen Sklaven Äsops Politisiererei war jedenfalls das hinterhältige Gerede eines Werkzeugs, das man besser in den Bergwerken aufgearbeitet hätte.
Als man ihn endlich wegen Gotteslästerei hinrichtete, war es längst zu spät. Alle Welt hatte Gefallen am fabelhaft rigiden Idealismus gefunden, dass Sklaven Menschen seien.
Wahl
Da du keine Wahl hast, solltest du sie nutzen.
Damit erwirbst du auch das Recht, dich zu beschweren.
Klartext:
Als ob die Aufforderung an die Pflichtvergessenen, sich ihre Herren gefälligst selber herauszusuchen, jemals zu etwas anderem geführt hätte, als zu nörgeligen Einlassungen über die Wahllosigkeit, mit der die Inthronisierten dann herumfuhrwerken.
Maskenball
Reiße ihnen die Larven herunter, und du wirst sehen: ihre Gesichter werden mitgehen.
Antragsformular
Wer den staatlichen Investitionsstau auflösen und auf sein Konto leiten möchte, muss seine Haldenproduktion als desaströs fürs große Ganze skandalisieren.
Gesunder Menschenverstand
Der Pazifismus hat deswegen so einen schweren Stand, weil es bloß schön wäre, wenn das Töten aus jeder Perspektive eben dies und nichts anderes wäre.
Politiker, Juristen, Repräsentanten, Pfaffen und Mandarine sehen das anders, nämlich so ähnlich wie Schopenhauer. Sie halten das Töten für einen „beliebig gewählten Begriff, der in der Luft schwebt.“ Wie ihre Klientel sind sie davon überzeugt, dass „das empirische Bewusstsein das einzig unmittelbare ist.“
Und da zählt nun mal nur das Überleben.
Krieg
Man kann ihn auch ganz nüchtern sehen:
"War is a racket. It always has been. It is possibly the oldest, easily the most profitable, surely the most vicious. It is the only one international in scope. It is the only one in which the profits are reckoned in dollars and the losses in lives."
So stated Major General Smedley D. Butler, USMC, the most decorated Marine in US history.
- als Erinnerungsstütze über die Entwicklungshilfe der Dritten Welt für die notleidenden Metropolen.
Die Industrienationen verdienen allein
„mit Waffenlieferungen an Entwicklungsländer jährlich rund 206 Milliarden Mark, doppelt soviel, wie sie für Entwicklungshilfe ausgeben: etwa 100 Milliarden Mark....“
(p.104)
Und das war in den 90ern des letzten Jahrhunderts. Der Trend war aber nicht aufzuhalten.
- über die Entwicklungshilfe für den Kreditüberbau der ehrsamen Kaufleute, die vom Zocken nichts halten.
„Alle privaten Entwicklungshilfe-Organisationen der Welt...haben 1992 mal gerade 5,5 Milliarden Dollar zusammengebracht. Angesichts des Schuldenberges der Dritten Welt von über 1500 Milliarden Dollar ist das ein Kleckerbetrag..“ ( p. 105)
Bei läppischen 3 % wären das immerhin schon 45 Milliarden pro Jahr für den Schuldendienst an „uns“ gewesen.
Von dem merkwürdig subjektlosen „Rohstoffpreisverfall“ bei gleichzeitiger Preissteigerung industriell gefertigter Güter und Protektionismus durch die Schutzzölle der Industriestaaten vor den Konkurrenten aus dem Süden wäre in den sich kontinuierlich verschlechternden „Terms of Trade“ zu reden.
Fazit: „Es ist eine Lüge, dass wir uneigennützig Geld in die Dritte Welt pumpen. Wahr ist, dass wir den Süden ausplündern.“ (Hans A. de Boer: Gesegnete Unruhe. Das Bekenntnis eines frommen Provokateurs. Göttingen 1995, p. 106)
Dieses allerliebste Zahlenzeug hat nur einen Fehler: ohne den Begriff der Sache macht mein Lieblingsopa sich und uns bloß ein schlechtes Gewissen, um hinterher ein gutes zu haben.
„Pressefreiheit besteht in dem Recht von 200 reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten.“ (Paul Sethe)
Das klingt nach Verschwörung, und ist nicht nur deswegen extrem unwahrscheinlich. Soviel Meinungen gibt es ja gar nicht.
Trojanisches Pferd
„Wenn jetzt in Amerika der Sozialismus ausbricht, dann geht der auf das bislang effektivste Zulieferungssystem für Sozialistisches zurück, nämlich Herrn Bush, der das effektivste Trojanische Pferd bastelte, das jemals nach Troja reingekarrt wurde.“
So redet die rechte Denkungsart und geht in den nächsten Waffenshop, sich gegen die zu erwartenden marxistischen Marodeure zu wappnen.
Obama
Ein Meilenstein in der Entwicklung der Benimmregeln im Umgang mit African Americans.
Zum guten Stil des reflektierten Rassismus gehört es ab sofort, schwarze Proleten mit „Sir“ anzureden.
Beispiel für Situationskompetenz im job center: „You jest, sir!
Beispiel für situationsgerechtes Reagieren in der temporary employment agency: „Dear sir,...don´ t call us. We´ll call you.“
Geht auch ganz ohne Selbst.
Im Existenzialismus sogar ohne Wirklichkeit.
Die schönste davon ist aber eine, die per reflektierendem Problembewusstsein sich selbst verwirkt.
Sich verschwenden ist das Gegenteil davon. „Schreiben bedeutet lebendigen Leibes verbrennen, bedeutet aber auch aus der Asche wiedergeboren werden.“ (Blaise Cendrars)
Utilitarismus
Wenn es ihr nützt, würde die Politik sogar auf den Weltranglistenplatz in der Spitzengruppe der Waffenexporteure verzichten.
Alternativlos, wie die von ihr geschaffene Lage nun mal ist, schafft sie wenigstens Rüstungsarbeitsplätze.
„Und wenn euch das nicht passt, dann wandert doch aus. Nach Nordkorea.“
Personalausweis
Das Personal der Firma Deutschland GmbH (nicht eingetragenes Warenzeichen bis 1990 BRD), führt zur Identifizierung ihrer Mitglieder einen amtlich beglaubigten Nachweis der Firmenzugehörigkeit.
Von Zuwiderhandlungen gegen das korrekte Führen eines Ausweises kann nur abgeraten werden.
Das heißt so viel wie „für sich einnehmend, entgegenkommend, freundlich, gefällig, gewinnend, wohlgesinnt, wohlwollend, zuvorkommend.“.
Sagt das aber nicht, sondern: "des Liebens würdig" bindet die Bindekräfte an moralische Voraussetzungen im Anderen.
Was nichts mit Liebe zu tun hat, sondern einem Belohnungssystem von Aufopferern.
Glaubwürdigkeit
Wer ein Glaubwürdigkeitsproblem mit irgendwelchen Politikern hat gibt zu, dass er solche - unter Umständen auch weiblichen - Herren mit einem Gottesdiener verwechselt.
Politiker kann man nämlich ausrechnen.
Was sie schon immer nicht wissen wollten:
- es gibt keine Schere zwischen dem Reich und seinem Arm;
- mit dem Inhalt seines Portfolios herumzuspielen und fromm die Hände zu falten, vertragen sich sehr gut miteinander;
- das ewige Schweigen jener unendlichen Räume öffentlicher Kommunikation nötigt niemandem Ehrfurcht ab;
- Becketts samuelisches Gesicht einerseits und die Visagen jener Schweinebacken, die uns in den Nachrichten offeriert werden andererseits ... das hat was zu bedeuten.
Camilo Jose Celas Ideologiekritik per Abstinenz in "Der Bienenkorb"
Was ist an dieser romanlangen langweiligen Bebilderung der spanischen Nachbürgerkriegszeit eigentlich so spannend?
Wenn man ihn durchstehen will, muss man Gefallen finden an ihrer Verweigerung gegenüber der nicht nur seinerzeit grassierenden politischen Heilslehre.
Wie jede bekannte Herrschaftsform versuchte auch das Franco-Regime sich zu seiner Legitimierung als die Verwirklichung der besten aller möglichen Regierungs- und Gesellschaftsformen darzustellen. Das Bild, das der Roman ohne jedes politisch engagierte Pathos bietet, entspricht jedoch in keiner Weise dem offiziellen Selbstbild des Regimes.
Der „Bienenkorb“ schildert als erster spanischer Stadtroman ein Madrid , das beherrscht ist von materiellem und menschlichem Elend, und staatlicher Repression.
Man muss zweitens Gefallen daran finden, dass auch die Herren und Damen Untertanen keineswegs idealisiert und glorifiziert werden, wie dies sonst in der oppositionellen »novela social«, dem sozialkritischen Roman, geschieht. Hunger, der Trieb, sich fortzupflanzen und sich, so weit es geht, zu amüsieren, bestimmt jenes Heer von weit über 300 Gestalten, die in diesem Roman vom Autor in kalt behaviouristischer Draufsicht beschrieben werden.
Der vom Regime und seinen Mandarinen so oft beschworene Geist einer neuen Solidarität und der christlichen Nächstenliebe fehlt ihnen völlig. Dem Protagonisten, dem jungen Hunger leidenden Intellektuellen Martín Marco, geht alles falangistisch Heroische und imperial Markige ab. Er muss froh sein, wenn er sich vor der Polizei ins Zimmer einer mitleidigen Prostituierten retten kann, die ausgerechnet »Pura«, heißt.
Bloße Ironie oder bewusste Infragestellung des öffentlich geschürten Selbstverständnisses ?
Die Zensur gewahrte jedenfalls in dem Roman, »offenkundige Unmoral«, Pornographie und Unehrerbietigkeit der Religion gegenüber, und eine Unterminierung der Werte des »ewigen Spaniens«, weswegen er in Spanien auch erst in den 50er Jahren publiziert werden durfte.
Dona Rosas Café ist der zentrale Ort des Aufrisses einer Dramen - Personage, die so gut wie nichts miteinander zu schaffen kriegt, also für beziehungslos aufeinander Bezogene steht.
Die Betreiberin des Etablissements „lächelt den Gästen mit ihren schmutzigen, schwärzlichen Zähnen zu. Im Grunde hasst sie ihre Kundschaft.“
Nichts hindert den Leser an diesen Stellen auf eine parabolische Lesart überzugehen. Und die Verschleierungstaktiken der Alltagsgespräche könnten durchaus gleichnishaft für die Sprachregelungen unterm Diktat einer Staatsideologie stehen.
Für eine subversive Lesart spricht auch, dass der Autor Zeit seines Lebens durch zahlreiche Skandale, spektakuläre Provokationen sowie polemische Ausfälle gegen bekannte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, Institutionen und tradierte Werte viel Aufmerksamkeit erregt hat.
Der stilistische Gestus eines brutalen Realismus, die drastische Sprache und das Experimentelle des Umgangstons sind als so spezifisch empfunden worden, dass diesem naturalistischen Verismus ein eigener Terminus zugeteilt wurde: Tremendismo.
1989 hat Cela den Nobelpreis verliehen bekommen.
Diese Schande hat er aber doch nicht verdient.
So langweilig er ist, so schlecht ist sein Roman nun wirklich nicht.
so schwarz, wie nur ein Weißer über den white trash, also über Seinesgleichen, befinden kann.
- In die Schranken verwiesen wird nur der, der nicht weiß, dass und wie man ungestraft seine Kompetenzen überschreiten kann. (Bush)
- Der wahre Heldenmut besteht darin, über das Elend des Lebens der ANDEREN erhaben zu sein. (Napoleon)
- Hammer oder Amboss, Fraß oder Fresser musst du sein . (Hitler)
- "Alles, was in der Schöpfung ohne mein Wissen existiert, existiert ohne mein Einverständnis. Die Erde ist meine Domäne. Und doch gibt es überall noch Schlupfwinkel voll autonomem, ungebundenen Leben. Damit ich es mir untertan machen kann, darf nichts ohne meine direkte Einflussnahme geschehen."(Richter Holden in Cormac McCarthys „Blood Meridian“)
Damit nicht immer ich die scheelen Blicke abkriege, hier ein paar charakterisierende Sätze zu diesem überaus fruchtbaren Genre von Martin Compart, dem Experten in Sachen ”Roman noir”:
"In "Blood Meridian" gelingt McCarthy für die Indianerkämpfe das, was Daniel Woodrell in "The Woe To Live On" für den Bürgerkrieg getan hat: die Zertrümmerung aller zuckersüßen mythischen Verklärungen. Mit einem Buch löscht der Autor Jahrzehnte von Hollywoods Western-Sozialisation beim Leser aus. Die Szene, in der bekloppte Freischärler von Komantschen niedergemacht werden, die gestohlene Rinder und Pferde als Deckung vor sich hertreiben, vernichtet jede Indianerattacke von John Ford oder sogar Sam Peckinpah (dem einzigen Hollywood-Regisseur, der McCarthy gerecht worden wäre).
"Gott hat die Welt erschaffen, aber nich so, daß alle sich drin zurechtfinden, stimmts?" sagt ein alter Mann. In diesem blutrünstigen Kosmos hätte sich auch John Wayne nicht zurechtgefunden.
Hat man sich erst mal auf die hypnotische Sprache eingelassen, dann wird das verdammte Buch zum Pageturner, und man kann es nicht mehr aus der Hand legen. Und am Ende weiß man zumindest eines: Es gibt keinen amerikanischen Traum, es hat ihn nie gegeben. Und wenn es doch einen gab oder gibt, dann heißt er: Gier und Blutdurst. Langsam begreift man, dass die USA von Gesindel begründet wurde, das man aus Europa rausgeworfen hat."
Unterschreiben würde ich die Weltanschauung dieser Kleinmeister einer ganzen Richtung nur im Zustand fortgeschrittener Trunkenheit. Dieses Genre des "country and history noir" lässt nämlich Joseph Conrads Herz der Finsternis wie einen Kindergeburtstag bei den Schlümpfen erscheinen.
Aber welch ein Lese-Erlebnis!
Wir haben es immer gewußt: die Sauerei, daß Stil der Wahrheit überlegen ist, ist die blutige Wahrheit.
Solange die Elite elitär tut, ist die Hegemonie der Mandarine noch nicht gefestigt.
Erst wenn jeder mit den Intellektuellen fertig ist, weil sie als monologisierende Rechthaber gebrandmarkt und endgültig vom rechten Definitionsmonopol ausgeschlossen wurden, werden die Höflinge wieder sachlich und geben gelassen den Steinmeier.
Dann gibt der ergraute Traditionsrechte Ulrich Greiner wieder unangefochten seine Vorlieben im Stil der Reichschrifttumskammer aus: „...dass Literatur im emphatischen Sinn (und anders sollte man nicht von ihr reden) etwas sein muss, was unser dürftiges, bedürftiges Leben durchdringt und befragt, erhellt und übersteigt."
Damit wir uns recht verstehen: Übersteigen liegt schon beim unartikulierten Schmerzensschrei vor. Was aber der Greiner meint, ist die Parole einer Feier der unaufhebbaren Misere, des Dürftigen als tiefstem Humanum.
der Finsternis der Zivilisation: Evelyn Waughs „Eine Handvoll Staub“
Motto des Romans:
"And I will show you something different from either
Your shadow at morning striding behind you
Or your shadow at evening rising to meet you;
I will show you fear in a handful of dust.
T. S. Eliot: „The Waste Land“
Im Unterschied zu Joseph Conrads Abgrundspoesie in der Novelle „Heart of Darkness“, die an denunziatorischer Desillusionierung über die Kulturtauglichkeit „des Menschen“ nichts zu wünschen übrig lässt, bekommt das Grauen in diesem Roman stärker sozial konturierte Züge: wenn man lange genau genug hinschaut, wird der erzählte Kasus eines arglosen „socialite“ der fashionablen Welt zum Exemplum einer ganzen Klasse.
Hier des ewigen Bourgeois, der – enttäuscht von seiner rituellen Teilhabe an der Verlässlichkeit des Schicklichen – vor einer ruinös gegen ihn in Stellung gebrachten Scheidung flüchtet, und sich mehr per Zufall auf die Quest nach „der leuchtenden Stadt“ begibt.
Eine hinterhältig witzige Modernisierung des Gralsstoffes, die vom Mythos wie von seinem gesellschaftlichen Substrat nicht viel mehr als die Reminiszenz an dahingegangene Verbindlichkeiten übrig lässt.
Nach einem langen Abstieg aus den Kalmenzonen eines beschaulichen Landjunkerdaseins über die Delirien einer schmerzhaften Orientierungslosigkeit in die Rapportlosigkeit des Wohlerzogenen in einer darauf pfeifenden Umwelt landet der sympathische tumbe Tor irgendwo im Amazonasdschungel und kriecht in der Asche seiner Illusionen.
Gegen ein heimliches Davonlaufen ist die Waffe seines Sklavenhalters, eines mestizischen Analphabeten, auf ihn angelegt.
Und so wird er in diesem bizarren Kontrastarrangement auch morgen wieder auf Wunsch seines hochgerüsteten Herrn den sentimentalen Sozialromantiker Dickens vorlesend zu Gehör bringen.
Übrigens glaubt der Vorleser an Dickens genau so, wie der Pfaffe seines englischen Heimatortes an seine deplazierten Predigten, die er schon vor Jahrzehnten in den fernen indischen Kolonien aufgeschrieben hat, und die sich auf Gegebenheiten, ungefähr 10 000 Meilen weiter weg, beziehen . Seine Zuhörerschaft hat wohl nie erwartet, dass Predigten irgendetwas mit ihrem Leben zu tun haben könnten, und so macht ihr das nicht wirklich was aus.
Damit sind wir beim Begriff dieses faszinierenden Erbrochenen eines nichtswürdigen Renegaten seiner eigenen Klasse: die absolute Beziehungslosigkeit der britischen Upper class zu sich selbst und dem Rest der Welt und die Verheerungen, die das im knisternden Gebälk der Moral anrichtet.
Noch keiner aus der respektablen Reihe der Desillusionsromane seit Balzacs „Verlorenen Illusionen“ hat derartig witzig, destruktiv und sardonisch vom Zusammenhang von Barbarei und Zivilisation in der Führungsschicht der dekadenten englischen Klassengesellschaft und ihren öden Amüsierriten dahergeredet.
Ich gebe nur ein einziges, aber wohl durchschlagendes Beispiel der vom Roman inszenierten Trennung von Vorstellungswelt und sozialer Matrix, nämlich den Schlusssatz der Phase des Deliriums:
- Ambrose (der Diener) verkündete: „Die Stadt ist angerichtet.“
Für diesen Satz allein, der die Sphäre des Erhabenen und die des Trivialen blitzartig in einander stürzen macht, sollte eigentlich ein eigener Preis ausgesetzt werden...
Und zu diesem widerlichen Ekel von einem Autor wäre heute, wo kaum einem mehr der soziale Befund einer machtgeschützten Innerlichkeit etwas sagt, vielleicht doch gerechtigkeitshalber festzuhalten: Ein Mann, der seine Standesgenossen derartig hasst, kann nicht durch und durch schlecht sein.
Aufpassen beim Kaufen! Damit man nicht eine der frühen amerikanischen Druckfassungen zu packen bekommt, die aus Urheberrechtsgründen eine sehr un-europäische Schlussvariante, eben eine amerikanische, mit happy ending aufweisen mussten.
Deswegen bedient sich auch das populistische Parterre ihrer.
Und das klingt so: „Es gibt kein armes und kein reiches Amerika, kein schwarzes und kein weißes, kein linkes und kein rechtes Amerika, sondern nur die Vereinigten Staaten von Amerika.“(Ein Volksgemeinschaftsprediger namens Obama)
O Herr, o bama Dich unsa!
Landflucht
Wenn die Industrie nach mehr Menschenmaterial verlangt und bei der Umschau nach mehr und besser ausgebildeten Funktionären auf ländliche Ressourcen zurückgreifen muss, verbreitet sich das Gerücht, das fürsorgliche städtische Patriarchat nähme Flüchtlinge auf.
Da nun die freigesetzten Gildemeister und ihre Klientel ihrerseits aufs Land ziehen, oder sich lieber gleich in fernen Metropolen bedienen lassen, spricht die Urbanistik von Umstrukturierung und Binnenmigration.
Weisheit
Mit den unlösbaren Dilemmata des Lebens umgehen lernen, als ob ich sie wäre.
Nichts leichter als dies.
Was mir zu schaffen macht, ist, dass der ruhige Weiher mich Mond ausgerechnet als alles andere spiegelt.